Sonnwendkräuter sammeln ist für alle Hexen nahezu verpflichtend zum Mittsommerfest. An diesem heiligen Tag der Sommersonnenwende erreicht die Zeit des Lichtes ihren Höhepunkt.

Die Sonnwendkräuter sind prall gefüllt mit der Leuchtkraft der Sonne. Schnappen wir Korb und Kupfermesser und begeben wir uns auf die Suche nach den Wetter- und Johannikräutern, wie Arnika, Dost, Holunder, Kamille, Klette, Margerite, Ringelblume, Schafgarbe, Gundelrebe, Gänseblümchen und Quendel. Wetterkräuter, wie Johanniskraut, Beifuss, Rainfarn und Königskerze, sind wirksame Pflanzen für einen Wettersegen und zum Schutze bei Unwetter.

Mittsommer ist der lichtvolle Mittelpunkt zwischen den Tagundnachtgleichen Ostara und Mabon. Gegenüber des Sommerfestes liegt der Gegenpol, der Mittelpunkt der Dunkelzeit, die Wintersonnenwende.

Beide Feste, die Sommer- und auch die Wintersonnenwende sind magische Wendepunkte im Jahreslauf. Sie sind eng miteinander verbunden. Ehren wir in der Dunkelzeit die längste Nacht, so feiern wir an Mittsommer den längsten Tag des Jahres.

Wir sind alle innerlich

die goldene Sonnenblume.

– Alan Ginsberg –

Hexenbesen Broom

Sommersonnenwende – Die Zeit der Sonnwendkräuter

Hexe beim Kräuter sammeln Nicht nur die Hexen sammeln am 21. Juni eines jeden Jahres die heilsamen Sonnwendkräuter. Jeder Mensch, der mit der wilden Natur im Bunde steht, weiß es ganz gewiss, nun ist es an der Zeit, zu ernten. Vorausgesetzt das Wetter spielt nicht vollkommen verrückt, sind die Pflanzen voller Sonnenenergie.

Tinkturen werden angesetzt, Salben gerührt, Liköre abgefüllt. Es wird geschnippelt, getrocknet, in Öl eingelegt, gerollt, gebunden, gewickelt und natürlich auch genascht.

Die Winterernte wartet. Viele weitere Kräuter wie Salbei, Thymian, Rosmarin, Wermut gehören nun ebenso verarbeitet, denn sie sollten vor ihrer Blütezeit geerntet werden. Andere stehen in ihrer größten Kraft, wenn sie gerade am Aufgehen sind. Dazu gehören zum Beispiel die Blüten von Rose und Lavendel, der Kamille, der Schafgarbe, der Arnika oder auch des Gänseblümchens.

Der uralte Volksglaube besagt, Gänseblümchen, welche zur Mittagszeit der Sonnenwende gesammelt werden, besitzen Zauberkräfte. Du kannst die Gänseblümchen in deinen Sonnwendkranz einbinden. Für ihre Zauberkraft trocknest du die Blume und trägst sie, vielleicht in einem Amulett bei dir. Wird sie um den Hals getragen, so bringt sie Glück und Verstand. Später wurde es auch Sitte, sie zwischen die Seiten von Büchern zu legen. Bei den Kelten war das Gänseblümchen die Hüterin des einfachen Volkes.

Pfeil-Zauberpferd

Es heißt, dass die Sonnwendkräuter, welche zu Mittsommer geerntet werden, ganz besonders starke Heilkräfte besitzen. Also raus in die Natur oder den Garten und eingesammelt, was verarbeitet werden kann. Natürlich nur, wenn die Sonne scheint, wir wollen ja keine verwässerten Ernten. Regnet es, so kraxle anderweitig durch die Welt. Warte bis die Sonne wieder scheint, warte noch einen Tag und noch einen … und dann ist die Sonnenkraft in den Pflanzen zurück. Befolge in der Natur immer den Leitsatz: Ein Drittel für die Tiere, ein Drittel für die anderen Kräuterhexen und ein Drittel für mich. Und Achtung, dies gilt nur, wenn wirklich ausreichend da ist – die Natur selbst hat immer Vorrang.

Wenn du einen Garten hast

und dazu noch eine Bibliothek,

wird es dir an nichts fehlen.

– Cicero –

Viele der Sonnwendkräuter sollten wir nach der Ernte so schnell wie möglich verarbeiten, damit sie ihre wunderbaren Wirkstoffe nicht allzu stark verlieren.

Da ich keinen Garten habe, nehme ich für manche Blüten meine Utensilien direkt mit in den Wald, aufs Feld oder den Wiesenhain. Es kann dann schon einmal vorkommen, dass ich mitten in der Natur einen Ölauszug ansetze. Manche Sonnwendkräuter, wie zum Beispiel der Beifuss, kann ich getrost mit nach Hause nehmen. Sie entfalten sich erst durch die Trocknung.

Eine Kräuterhexe sollte auch nicht pingelig sein. Wasche deine Sonnwendkräuter nicht, wenn du sie trocknen möchtest. Schüttle sie einfach ein wenig aus, wenn es nötig ist, damit eventuell anhaftende Erde abfallen kann. Schaue auch nach den kleinen Pflanzenbewohnern. Lasse ihnen kurz Zeit, um ihr Zuhause zu verlassen. Legst du die Pflanzen in den Schatten, vielleicht noch mit einem leichten Tuch darüber, so krabbeln sie von selbst davon.

Eines noch zum Sammeln: Nutze ein Kupfer- oder Keramikmesser oder ganz traditionell zum Ausgraben der Wurzeln ein Horn von Hirsch oder Reh. Die Spirits der Pflanzen und auch all die Elementarwesen mögen kein Eisen. Die Pflanzen verlieren ihre Magie. Nicht umsonst wehren wir mit Eisen fremde Energien ab.

Lasse bitte eine Opfergabe zurück – ein wenig Met, ein paar Körner, Obst, Nüsse – etwas in der Art. Ich singe ihnen oft einfach Lieder vor, sie lieben Musik. Bedanke dich immer, wertschätze den Kreislauf des Lebens.

Sonnenwendkranz im Haar

Sonnenwendkranz, Sonnwendgürtel und die Buschen

Wir sammeln all die Zauberkräuter aber nicht nur, um sie für den Winter zu verarbeiten oder um sie direkt im Salat zu verspeisen. Mit den Sonnwendkräutern und ihrem innewohnenden Spirit feiern wir gemeinsam das Mittsommerfest.

Wie wäre es denn, wenn du dir einen Sonnwendkranz bindest? Der Kranz wurde zu alten Zeiten oft nur aus der Gundelrebe geflochten oder auch aus Eisenkraut. Natürlich kannst du alle Sonnwendkräuter einbinden, die du gerne im Kranz möchtest, zum Beispiel das zauberschöne Johanniskraut.

Die Gundelrebe hält deine Seele im Körper und sorgt dafür, dass sie in dieser feinstofflichen Nacht nicht verloren geht. Es heißt, der Kranz aus Gundelrebe half, die bösen Hexen zu erkennen. Nun ja, vielleicht war dieser Zauberkranz vielmehr ein Erkennungszeichen, um einander als Hexe zu erkennen.

SonnwendstraußDie Gundelrebe wurde aber auch in den Sonnwendstrauß, den Johannibuschen eingebunden. Solch ein Strauß begleitet mich alljährlich von einem Mittsommerfest bis zum nächsten, wo er neu gebunden wird und der alte in den Flammen auflodern darf. Halte deinen neu gebundenen Strauß an das Feuer. Gerade so, dass er nicht verbrennen kann. Er wird sich mit dem Spirit der Feuerkraft aufladen und dich schützend durch die Dunkelzeit führen.

Mein Sonnwendstrauß hängt bei mir im Eingangsbereich meiner Wohnung, bei ihm ein Ast einer Mini-Apfel Sorte, der mich zur Wintersonnenwende mit seinen kleinen dunkelroten Äpfelchen begleitete. Seine Bestimmung ist noch nicht ganz klar, aber er wollte unbedingt bleiben. So können das Licht und die Dunkelheit in meinem Zuhause eng verbunden miteinander wirken.

Normalerweise wurde der Johannibuschen einst unter das Dach gebunden. So ein Buschen kann auch nur aus Beifuss bestehen, dieser wird dann Besenkraut genannt. Der Besen fegt nicht den Staub aus dem Heim, sondern die bösen Energien, ähnlich einem Hexenbesen. Zum Smudge Stick gebunden kannst du mit diesem Beifuss-Buschen dein Heim und Hof räuchern.

Du kannst natürlich ganz wild durcheinander alle Zauberpflanzen in deinen Strauß einbinden: Kornblumen, Johanniskraut, Klatschmohn, wilde Rosen, Margerite, Beifuss … was immer dir beliebt. Im letzten Jahr wurden für unsere Mittsommerfeier viele dieser Pflanzen gesammelt und jeder konnte sich intuitiv einige davon nehmen. Im Anschluss haben wir uns den Spirit der Pflanzen angeschaut, der auf diese Art und Weise in die einzelnen Sträuße gewandert ist. Wir wählen nichts ohne Grund, es hat immer etwas mit uns selbst zu tun.

Kräuterbuschen - Johannibuschen aus SonnwendkräuterDen Strauß kannst du direkt am Sonnwendtag sammeln. Möchtest du mit den Kräuterbuschen räuchern, so sammle die Sonnwendkräuter eine Woche zuvor, binde sie und hänge sie zum Trocknen auf. Für den Sprung über das Feuer hielten die Menschen einst einen kleinen Strauß aus Eisenkraut in der Hand. Eisenkraut ist ein Schutzschild gegen alles Böse.

Eine kleine Anregung noch für euer gemeinsames Fest. Wie wäre es, wenn ihr euch all die Arbeit vorweg aufteilt? Eine bindet die Kräuterbuschen, eine andere flechtet die Kränze und wieder ein anderer bindet den Beifuß zu Gürteln zusammen. Wer noch nichts zu tun, der sammelt Feuerholz, kocht das Essen oder deckt den Tisch. So hat jeder etwas zum Fest beigetragen.

Feen

Zur Sommersonnenwende tanzen wir nicht alleine, sondern mit all den Naturwesen um das Feuer. Wir feiern die Fülle des Lebens. Schamanen und Völven gehen mit ihrem Geist auf Reisen. Die Tiere können zur Geisterstunde sprechen, wie zur Zeit der dunklen Schwester, der Wintersonnenwende.

Die großen Feuer lodern wild. Sie ehren die Sonne, danken ihr für das Licht, welches die Pflanzen wachsen lässt und uns Menschen nährt. Die Sonnwendfeuer werden mit neunerlei Hölzern befeuert. Wacholder verglüht in den Flammen oder auch der Beifuß, der mit seinen lila Flammen einen betörenden Wohlgeruch verbreitet.

In einigen Gegenden werden Feuerräder den Berghang herunter gerollt. Fackeln werden entzündet.

Der mutige Sprung über das Feuer hinweg ist ein alter Abstreifzauber, welcher Körper, Geist und Seele reinigt. Liebespaare springen oft gemeinsam, einander die Hände zum Bund gereicht. So soll die Liebe von all dem Übel rein gehalten werden.

Für das nächtliche Fest flochten sich die Frauen Sonnwendgürtel aus dem Zauberkraut der Mondgöttin Artemis, dem Beifuß, welche sie um ihre Schenkel banden. Beim Sprung über das Feuer wird die stark weibliche Essenz auf die Frau übertragen. So werden die Kräfte der Frau gestärkt. Dieser beherzte Sprung mit dem Beifuß-Gürtel soll auch die Fruchtbarkeit erhöhen. Klappte es mit dem Kindersegen, so half ein Tee aus Beifuß später auch bei der Geburt. Auf den Bauch der Gebärenden wurden einst die sogenannten Schoßmalten gelegt, aus frischem Beifuß bestehend.

Achtung: Trinke Beifuß-Tee nicht während der Schwangerschaft!

Auch die Männer banden sich den frischen Beifuß um den Körper und tanzten und sprangen mit den Frauen um das Sonnwendfeuer. Es heißt, dieser Gürtel war einst das einzige „Kleidungsstück“, das die Feiernden an ihrem Leib trugen. Wie Beltane ist das Mittsommerfest ein Fest der Ekstase.

Nach dem Sprung und wildem Tanz wurde der Gürtel zum Ende des Festes in das Feuer geworfen. Schaue dir einmal die wunderschönen Flammen an, die auflodern, wenn die Zauberpflanze verglüht. Nun verbrennen alle Anhaftungen wie Kummer, Leid und Krankheit im Tanz der Flammen.

„Trockener Beifuss, das heilsame, ‹heisse› Kraut, das auf der ganzen nördlichen Hemisphäre in den Mittsommerfesten eine sakrale Rolle spielt, kam in das Feuer, so dass eine hohe, helle, violette Lohe entstand (Storl 1996a:45). Durch diese Lohe sprangen die Feiernden, einer nach dem anderen, einzeln oder händehaltend. Im Beifuss war die Göttin, die Frau Holle, die Artemis, die Dea-Ana oder wie immer sie genannt wurde, persönlich anwesend. Man sprang, bloss mit Beifuss umgürtet, einen Gundermannkranz in den Haaren und etwas Eisenkraut in der Hand, durch die reinigenden Flammen von der einen Jahreshälfte in die andere.“ ¹

– Wolf-Dieter Storl –

Was meint Herr Storl, wenn er schreibt, von einer Jahreshälfte in die andere, es ist doch mitten im Sommer? Nun, einst war das Jahr nicht in Frühling, Sommer, Herbst und Winter aufgeteilt, sondern lediglich in Sommer und Winter – der Zeit des Lichtes und der Zeit der Dunkelheit. Mit der Sonnenwende im Juni, wenn hernach die Tage wieder kürzer werden, begann die Dunkelzeit. Sie endet mit der Modranecht, der Nacht der Wintersonnenwende, wenn die längste Nacht gekommen ist, die Sonne sich aus dem Schoß der Erdmutter erhebt und sodann die Tage wieder länger werden.

Übrigens ist der Beifuß mein Lieblingskraut – aber das nur am Rande. Schaue zum Mittsommer zur glühenden Mittagszeit zu den Wurzeln der Pflanze. Dort suchten die Menschen einst nach glühenden Kohlen. Wer sie fand, der stahl sich damit schnell davon, denn sie bringen Glück und heilen jede Krankheit. Diese Kohlen werden Thorellensteine genannt oder auch Narrensteine.

Einst soll der Donnergott Thor einen Gürtel aus den Ruten des Beifußes getragen haben, welcher Zauberkräfte besaß. Dieser Gürtel war ein Geschenk der Zwerge. Vielleicht hat er ja etwas mit den Thorellensteinen zu tun? Beifuß wird nämlich auch Thorwurz genannt. Vielleicht sind die Kohlen aber auch ein Geschenk der Zwerge.

Zauberkessel und Hexenbesen

Steckt Arnika an, steckt Arnika an,

das sich das Wetter scheiden kann.

Lasst mich zum Schluss noch erzählen, warum die Bauern ihre Felder zur Sommersonnenwende mit dem Sonnwendkraut Arnika umsteckten.

Arnika ist die Wolfspflanze. Ihre Stecken rund um die Äcker sollten den Kornwolf in den Feldern halten, der über das Korn wacht, bis es geerntet werden kann. Tut er dies nicht, so kommt der Dämon auf einem schwarzen Bock und reitet so lange kreuz und quer durch das Feld, bis alles Korn vernichtet ist.

In einer anderen Geschichte schützt die Arnika in Süddeutschland vor dem bösen Bilwis, einem Schnitter, der sich eine Sense an den großen Zeh bindet und so die Ernte zerstört. Im Norden indes ist der Bilwis ein guter Korngeist, der die Ernte schützt.

Es gibt zahlreiche Geschichten und Namen zu diesem Wesen, so ist er im Osten eine „Sie“, vermutlich slawischen Ursprungs. Eine weise Zauberin namens „Bialowieszczka„, deren Mythen im polnischen Gebiet erzählt werden. Mehr dazu findest du im Artikel über die Arnika.

Schau unbedingt selbst, welche Zauber- und Naturwesen uns zu Mittsommer besuchen. Unter welchem Sonnwendkraut wir sie wohl finden?

Weiterlesen


¹Wolf-Dieter Storl aus dem Gemeinschaftswerk von Rätsch, Christian, Müller-Ebling, Claudia und Storl, Wolf-Dieter: Hexenmedizin. Aarau, AT, 1998. S. 19.

Es gilt Folgendes zu beachten!

Alle hier aufgeführten Rezepte und Anwendungsmöglichkeiten der Pflanze sind als Beispiele aus der Naturheilkunde gedacht. Sie ersetzen bei gesundheitlichen Beschwerden nicht den Besuch eines Arztes oder ausgebildeten Heilpraktikers. Sie sind keine Anleitung zur Selbstbehandlung, sondern zeigen exemplarisch etwaige Behandlungsmöglichkeiten auf. Entgegen der Empfehlung geschieht eine Anwendung aller hier aufgeführten Rezepturen, homöopathischen Mittel und sonstigen Heilmittel eigenverantwortlich. Interessierte sind aufgefordert, sich selbständig bei einem Arzt, Apotheker oder sonstigen Fachkraft über die genauen Dosierungen und Wirkungsweisen inklusive möglichen Kontraindikationen zu informieren und beraten zu lassen.