Das Leben läuft gut. Es gibt keine nennenswerten Probleme und alles funktioniert ziemlich reibungslos. In solchen Tagen fühle ich mich großartig und es ist ein Kinderspiel diese zufriedenen Momente mit allen Sinnen wahrzunehmen. Warum auch nicht, es ist ja angenehm. Ich wünschte es wäre immer so und ich hätte keine Angst vor Krisen.

Was aber, wenn es nicht so gut läuft? Es geht mir schlecht, alles läuft schief, der Stress wächst mir über den Kopf und nun soll ich es auch noch irgendwie schaffen mich diesen „miesen“ Momenten achtsam zu öffnen?

Ja, denn Achtsamkeit ist besonders in Krisenzeiten hilfreich!

Was geschieht mit uns, wenn es uns nicht gut geht?

Unser Gehirn signalisiert: Ich empfinde die Situation gerade als äußerst unangenehm!

Unsere natürliche Reaktion ist das Streben nach Besserung. Wir wollte raus aus diesem Zustand. Diese Sehnsucht aus dem momentanen Gefühlsleben herauszufinden ist so stark, dass wir gar nicht merken, dass die eigentlich Anspannung gar nicht so sehr das primäre Problem ist, sondern die zu starke Sehnsucht nach Entspannung.

Mit diesem Phänomen hat sich auch Jon Kabat-Zinn, Begründer der Achtsamkeitsmeditation, beschäftigt.

Du hast Schmerzen, seelische oder körperliche, und das ist unangenehm, doch erst der Widerstand dagegen verursacht Leiden.

Schmerz x Widerstand = Leiden

Kabat-Zinn hat das in der Formel: Schmerz x Widerstand = Leiden ausgedrückt.

Was bedeutet das?

Der Schmerz ist erst einmal da. Er löst sich selten spontan in Luft auf. Wir wollen aber dieses Hier und Jetzt nicht! Wir wehren uns und leisten Widerstand. Zu dem Faktor Schmerz multipliziert sich der Faktor des Widerstandes. Dein Leiden ist nun ein Produkt aus Schmerz und Widerstand.

Löse dich von deinem inneren Widerstand. Lasse dich von dem Gedanken leiten, dass alles vorüber geht. Betrachte deine Lebenssituation nicht mehr feindlich, sondern mit Liebe und Achtsamkeit. Das allein wird deine Angst bereits mindern und du wirst erkennen, dass du viel mehr ertragen kannst, als du es dir vorstellen konntest.

 

Keine Angst vor Krisen

Laufe nicht vor deinen Problemen davon, als wäre ein Dämon hinter dir her. Glaube mir, sie laufen mit, egal wie schnell du rennst. Du kannst nicht vor ihnen flüchten.

Kleine Kinder haben oftmals eine Phase in denen sie die Augen verschließen und glauben, niemand könne sie jetzt mehr sehen. Wir aber sehen das Kind (auch wenn wir das nicht verraten). Die Augen verschließen ist keine Lösung. Alles bleibt am alten Platz.

Die Augen aber öffnen und das Problem genau betrachten bringt dich voran. Fürchte dich nicht vor deinem Problem, lasse nicht zu, dass es in deiner Phantasie zu einem riesigen unstillbaren Monster heranwächst. Reiche deinem Problem die Hand. Erkenne dein Problem, akzeptiere es und nimm es in aller Freundschaft an. Du wirst sehen: Es handelt sich nicht um ein unüberwindbares Monster. Es wird an Bedeutung verlieren und du wirst Lösungen finden, die dir vorher verborgen blieben.

 

Alles fließt wie Blätter im Fluss

Ich erwähnte bereits, dass die Anspannung meistens nicht das primäre Problem ist, sondern die verzweifelte Sehnsucht nach Entspannung.

Es gibt jedoch Momente, in denen die Anspannung so groß ist, dass wirklich gar nichts mehr geht. Selbst sich einfach nur hinzulegen scheint unmöglich.

An dieser Stelle helfen sowohl die klassischen als auch die nichtklassischen Entspannungsmethoden. Ist die Anspannung so groß, dass eine achtsame Betrachtung der Situation nicht mehr möglich ist, dann ist es unbedingt notwendig diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Dies kann durch Progressive Relaxation (klassisch), Meditation (nicht klassisch), Yoga (nicht klassisch), Sport oder auch einfach nur spazieren gehen geschehen. Völlig egal! Suche dir eine Entspannungsmethode, die dir hilft. Wichtig ist, dass du überhaupt in einen Zustand gelangst, der es dir wieder ermöglicht, deinen eigenen Geist und Körper freundlich und aufmerksam zu betrachten.

 

Alles kommt zur richtigen Zeit

Hast du die richtige Methode gefunden und schaffst du es dich in einen Zustand der absoluten Entspannung zu bringen, dann erfasst dich ein Gefühl der Leichtigkeit. Das ist ein äußerst positives Gefühl und wir streben auch hier wieder danach diesen geistigen Zustand erhalten zu wollen. Ach was! Wir wollen ihn nicht nur erhalten, wir wollen ihn ausbauen! Der eigentliche Moment wird schnell wieder zur Nebensache, denn jetzt geht es uns bald schon um mehr, mindestens aber um Erleuchtung.

Du hast meditiert und es geht dir danach super. Das erlebst du nun öfter mal – natürlich muss da jetzt die Erleuchtung her! Aber hallo!

Langsam, immer schön langsam. Du kannst nun versuchen ein Schmetterling unter Raupen zu werden, ehe der Prozess deiner Verpuppung abgeschlossen ist oder du überspringst diese Phase (die so gut wie jeder durchläuft) und machst erstmal schön langsam.

Ich verrate dir ein kleines Geheimnis: Meditieren besteht nicht darin in euphorische Glücksgefühle zu versinken, sondern sich Zeit zu nehmen. Zeit zu betrachten, was ist. Das ist sicher nicht immer nur ein super positives Erlebnis.

Es ist der Schritt zu der Erkenntnis, dass alles fließt wie die Blätter auf einem Fluss. Das Zeiten kommen und gehen. Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Deine Probleme werden gehen, Deine Freude wird gehen, neue Probleme werden kommen, neue Freude wird kommen. Klammere dich an nichts fest, lasse es fließen und betrachte den Fluss mit deiner vollen Aufmerksamkeit an guten und an schlechten Tagen. Die Erleuchtung kommt eines Tages ganz von selbst.

 

Erkenne wer du wirklich bist

Nehmen wir einmal an, du bist krank! Was bedeutet das eigentlich? Bist wirklich DU krank, ist all dein Sein krank? Nein!

Vielmehr ist es so, dass nicht du, sondern dein Körper krank ist. Du empfindest Schmerzen, aber du bist nicht der Schmerz.

Der Schmerz, das eigentliche Problem, ist in dem Moment ein geringer Anteil deines ICHS. Dieser Anteil hat allerdings eine ziemlich laute Klappe, das gebe ich zu.

Du aber bist nicht die Summe der Umstände, du bist unabhängig von den Umständen, die dich umgeben.

Es ist wichtig, dass du den Kontakt zu deinem ICH herstellst. Das du dich selbst findest und dir die Frage stellst: „Was bin ich, unabhängig von dem Produkt meiner Umwelt. Was bin ich ausserhalb der Krise, die mich gefangen hält?!

 

Résumé

Krisen kommen und gehen, sie lassen sich weder vermeiden noch ignorieren, aber wir können lernen achtsam mit ihnen umzugehen.

Nutze diese Achtsamkeit und betrachte liebevoll deinen Zustand im Hier und Jetzt. Strebe nicht danach Krisen mit aller Macht hinter dich zu bringen. Löse dich von deinem inneren Widerstand und vergesse niemals, dass alles vorübergeht.

Reiche deinem Problem freundschaftlich die Hand. Es wird sich nicht in Luft auflösen und dir den Gefallen tun einfach so von selbst zu verschwinden. Freunde dich mit deinem Problem an und schaue wie du deinem Freund helfen kannst.

Nimm dir Zeit für Entspannungsphasen und erkenne wie alles fließt. Alles kommt und geht und auch dein Problem wird nicht auf ewig deine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen.

Erkenne was du wirklich bist! Stelle den Kontakt zu deinem gesamten ICH her und rechne nicht das Problem mit deiner eigenen Identität auf, denn du bist viel mehr als das Problem.