Der Baum und die Meditation: Für eine tiefe Erdung passen beide Dinge wunderbar zusammen. Die Natur ist ein Sammelsurium an Wundern, lernen wir von ihr.
Alles in der Natur ist miteinander verbunden. Pflanzen nehmen das Kohlendioxid auf und wandeln es in Sauerstoff um. Wir brauchen diesen Sauerstoff, um ihn in Energie umzuwandeln und unsere Zellen zu versorgen. Bis auf ein paar einfache Lebensformen, wie zum Beispiel Bakterien, profitieren wir also alle von der oxygenen Photosynthese vieler Pflanzen.
So sind wir nur allein über die Atemluft miteinander verbunden.
Es finden sich zahlreiche dieser Wunder in der Natur, die uns immer wieder zeigen, wie alles miteinander in Kontakt steht. Ein ewiger Kreislauf des Lebens: Tag für Tag, Stunde um Stunde.
Der Baum, ein Wunder der Natur
In unseren Breitengraden erleben wir wieder und wieder dessen Kreislauf. Mit dem Winter zieht der Baum all seine Lebenskräfte zurück, um dann im Frühjahr in voller Schönheit neu zu erblühen. In den heißen Tagen des Sommers spendet er uns Schatten und schenkt uns seine Früchte und später dann im Herbst gibt er sein buntes Laub an die Mutter Erde zurück und mit ihnen auch Samen, wobei jeder einzelne Samen das gesamte Potenzial eines einzelnen Baumes in sich trägt.
Wir wandeln unter Bäumen, wir atmen ihren Sauerstoff, wir essen ihre Früchte. Still lauschend hören wir ihre Geschichten in den Blättern rauschen und wenn wir ganz und gar inne halten, so spüren wir, wie alle Bäume des Waldes über das Pilzgeflecht, dem sogenannten Mycel, unter dem Boden miteinander verbunden sind und über dieses Informationen austauschen wie unsereins im World Wide Web.
Bäume schicken über dieses Geflecht Nachrichten hin und her. Sie warnen sich vor Giftstoffen, Schädlingen, Krankheiten oder auch Trockenheit. Ein Baum hat hierbei bis zu 15 Pilze gleichzeitig zum Freund und jeder einzelne Pilz kann bis zu 20 Bäume versorgen. Sie betreiben regen Handel unter unseren Füßen. Der Pilz spendet dem Baum Stickstoff und Phosphor und erhält dafür Zucker aus der Photosynthese. Je mehr Zucker der Pilz erhält, desto größer ist sein Netzwerk, so dass er dem Baum mehr Nährstoffe liefert.
Den Baum des Lebens in Meditation erleben
Viel Faszinierendes gibt es über den Baum zu berichten, doch heben wir dies für ein anderes Mal auf. Heute wollen wir die faszinierende Kraft des Baumes nutzen, um unseren Geist zu beruhigen.
Verwurzle dich
Diese Übung ist am wirkungsvollsten inmitten der Natur, aber sie kann prinzipiell an jedem Ort durchgeführt werden.
Stelle dich mit leicht gespreizten Beinen aufrecht auf den Boden und spüre den Grund unter deinen Füßen. Atme tief und ruhig ein und aus und finde einen festen Stand. Du kannst die Übung auch im aufrechten Sitzen durchführen, ich bevorzuge hierbei jedoch das Stehen.
Verankere dich fest mit dem Boden, wie ein Baum. Suche dir in deinem Geiste ein inneres Bild eines Baumes zu dem du dich besonders verbunden fühlst. Es spielt keine Rolle, um welchen Baum es sich handelt. Lasse ihn einfach zu dir kommen. Werde dieser Baum, lasse die Wurzeln tief in das Erdreich wachsen und spüre, wie sie dich tragen. Die Mutter Erde hält dich umso stärker, je weiter deine Wurzeln in die Tiefe und Breite wachsen. Fühle, wie die Erde dich nährt, wie sie dich mit allem versorgt, was du zum Leben benötigst. Lasse die Stoffe durch deinen Körper wandern und ihn stärken.
Wachse
Du bist der Baum, fest verankert reichen deine Wurzeln tief und sichern deinen Stand. Jetzt ist es Zeit, sich zu entfalten. Spüre Äste wachsen, lasse Zweige hinausragen, beginne zauberhafte Blüten zu bilden, Blätter entstehen und lasse deinen Baum Früchte tragen.
Welche Früchte möchtest du in deinem Leben tragen? In welchen Punkten möchtest du dich entfalten. Habe deine Ziele und Vorhaben vor Augen und lasse sie zu Früchten werden. Lasse deine Wünsche und Träume zu Blüten werden. Entfalte deine Äste entsprechend deinen ganz persönlichen Vorstellungen von deinem Leben.
Konzentriere dich auf all das Wachstum in deinem Inneren. Sind es zu viele Eindrücke auf einmal, so reduziere sie auf das für dich Wichtigste in deiner derzeitigen Lebensphase und hebe dir alles weitere für eine spätere Meditation auf. Beobachte ganz, genau wie die Blüten deiner Wünsche und Träume sich entfalten. Spüre, wie die Früchte heranreifen und du deinen Zielen immer näher kommst. Lasse dein Geäst stark und unerschütterlich werden.
Kreiere deinen eigenen Baum, halte dich nicht an irgendwelche Muster, sondern lasse ihn erstrahlen, wie du ihn dir wünschst. Er darf bunt sein, er darf riesig sein, er darf vielerlei verschiedene Früchte tragen. Es ist dein Baum, du hast alle Freiheiten der Welt, ihn gedeihen zu lassen wie immer es dir beliebt.
Spüre den Kreislauf des Lebens
Du kannst an dieser Stelle noch weiter gehen, wenn du möchtest. Ich habe es eingangs bereits erwähnt. Der Baum folgt dem Kreislauf der Natur. Ein ständiges Werden und Vergehen, Jahr für Jahr.
Wie dieser Baum, ist alles was uns umgibt und sind auch wir selbst, in einem ewigen Kreislauf der Natur eingebunden. Lasse deinen Baum all sein Laub abwerfen und in den Schlaf des Winters tauchen. Lasse ihn neu erwachen und unter einem schattenspendenden Blätterdach Früchte tragen. Gebe dich voll und ganz diesem Lauf der Dinge hin.
Spüre, wie alles kommt und wieder geht, es kommt und es geht. Es gibt keinen Grund sich an irgendetwas in dieser Welt mit aller Macht zu klammern, wir können alles loslassen, denn es wird immer wieder Neues entstehen.
Wie bei Yggdrasil, dem Weltenbaum, ist alles miteinander verbunden
In der letzten Phase der Meditation spüren wir noch tiefer in die Zusammenhänge des Lebens hinein.
Der Baum nährt sich von der Erde, wie auch wir uns von den Früchten der Erde nähren. Er schenkt uns die Atemluft. Er schenkt uns Schatten, wenn die Sonne unseren Kopf verbrennt. Er schenkt uns ein Dach aus Blättern, wenn es regnet.
In der nordischen Mythologie verkörpert Yggdrasil, der Weltenbaum, den gesamten Kosmos. Forscher sind sich nicht ganz einig, ob er eine Esche ist, eine Eibe oder gar eine Eiche. Letztendlich spielt dies keine wirkliche Rolle. Er ist ein Netzwerk, das die Welten zusammenhält und kann in dieser Hinsicht auch gerne metaphorisch betrachtet werden. Yggdrasil verkörpert die gesamte Schöpfung, die Verbundenheit zwischen allem zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen.
Yggdrasil steht im Zentrum dieser Welt und verbindet alle Welten miteinander. In den alten Kulturen gab es das Verständnis von drei Ebenen: Himmel, Mittelwelt und Unterwelt. Yggdrasil verbindet sie miteinander. Er stützt das Himmelsgewölbe und soweit seine Äste und Zweige reichen, so weit reicht auch unsere Welt. So tief seine Wurzeln gehen, so tief geht auch unsere Welt. So lange Yggdrasil lebt, so lange lebt unsere Welt. Er verkörpert das Vergehen und das Werden. Tiere laben sich von ihm und nehmen von seiner Lebenskraft und die drei Nornen, welche das Schicksal der Menschen bestimmen, besprengen ihn wieder und wieder mit dem heiligen Wasser des Urdbrunnens, der Quelle am Fuße des Yggdrasils, und geben ihm so neue Lebenskraft.
Doch lasst mich ein anderes Mal von dieser faszinierenden Mythologie des Nordens berichten, an dieser Stelle sei nur aufgezeigt, wie schon in sehr alten Kulturen das Wissen tief in den Menschen verankert war, dass alles was uns umgibt miteinander verbunden ist und wie wir es noch heute für tiefe meditative Erfahrungen nutzen können.