Unter dem grauen Himmel des Oktoberabends sinkt das Licht langsam in sich selbst zurück. In der Luft liegt der Geruch von Erde und Rauch. Die Wälder halten den Atem an. Zwischen Tag und Nacht, Zwielicht und Dämmerung, hat sich das Tor der Dunkelzeit geöffnet. Dort steht die Mondin, neu geboren in der Waage. Ihr Antlitz liegt unter dem schwarzen Schleier verborgen. Wir sehen ihren Blick nicht, aber wir spüren, er ist rein und klar. Sie ruft stumm und doch unüberhörbar nach der Wahrheit.
Dieser Neumond am 21. Oktober 2025 ist eine Schwelle in eine der tiefsten Mondphasen des Jahres hinein. Sonne und Mond vereinen sich im letzten Grad der Waage, bevor sie in den Skorpion hinabsteigen. Es ist die Mondphase, in welcher der Schleier von Samhain sich hebt. Und gleich zu Beginn, mit der schwarzen Mondin, wird jedwede Harmonie zur Prüfung. Schweigen bringt nun nichts mehr ins Gleichgewicht. Es ist Zeit, das auszusprechen, was zu lang schon verborgen war.
NEUMOND in WAAGE
SONNE in WAAGE
21. Oktober 2025
14:25:08 MEZ / Berlin
Was geschieht zum Neumond?
Am Eingang dieser Schwelle steht der Aszendent im Steinbock wie ein alter Wächter, der kein großes Aufheben um seine Position macht. Er schaut aber, ob du es ernst meinst. Sein Blick ist ruhig, fast schon gleichgültig. Doch sei auf der Hut, er durchschaut jede Ausrede. Unter seiner Präsenz wird alles ein wenig einfacher. Er verlangt keine großen Worte von dir, um die Schwelle zu übertreten. Er schaut, ob deine innere Haltung stimmt. Also nicht, ob du dastehst wie ein Zinnsoldat, sondern die Haltung, die sich aus der Summe deiner Erfahrung formt. Der Steinbock würde es wohl so ausdrücken:
Wenn du deine Wahrheit gefunden hast, steh zu ihr. Von mir aus leise, aber felsenfest.
In dieser Radix sticht das Dreiergespann aus Merkur, Mars und Lilith im Skorpion regelrecht hervor. Sie stehen hoch oben im zehnten Haus, dem Gipfel des Lebensbaums. Eine Konstellation voller Klarheit und Kraft, Sprache, Wille und urweibliche Macht wirken hier gemeinsam. Bist du eine Schwester? So sage ich dir: Die Hexe in dir erhebt ihre Stimme aus der Tiefe. Bist du keine Schwester, so wirst du selbst herausfinden müssen, welcher Teil von dir sich aus der Tiefe erheben will. Wie auch immer! Sprichst du, so verändert sich etwas. Deine Worte gebären sich mit Kraft, und das spürt jede Faser der Welt. Merkur, Mars und unsere dunkle Schwester Lilith erinnern daran, dass jedes Wort einen Faden in das große Gewebe des Seins zieht.
Im Schoß von Mutter Erde wirkt Uranus im vierten Haus, der Erneuerer der Wurzeln. Tief unten, dort, wo Erinnerungen und Herkunft ruhen, beginnt sich etwas in dir zu bewegen. Deine alten Geschichten und Muster werden aufgewirbelt. Die Ahninnen rufen. Ihre Stimmen ziehen durch das Mark der Erde. Es wird gründlich aufgeräumt im Untergrund und Platz für Neues geschaffen.
In weiter Ferne begegnen sich Saturn und Neptun in den Fischen und bilden ein stilles alchemistisches Siegel, eine Verbindung, in der Wirklichkeit und Traum ineinandergreifen. Das Unsichtbare drängt ins Leben, und Träume versuchen sich zu materialisieren. Diese Begegnung der beiden Planeten prägt die kommenden Monate. Saturn möchte, dass sich deine Träume und Visionen in dieser Welt verankern, dass sie wahr werden. Das gelingt, indem wir mehr und mehr starre Strukturen auflösen. So werden unsere Grenzen durchlässiger. Saturn zimmert den Rahmen, damit sie einen Raum haben, damit sie bestehen können. Neptun aber füllt diesen Rahmen mit einem Sinn. Wir ziehen also nicht einfach weiterhin rote Linien. Wir erschaffen Räume, in denen Bewusstsein wächst.
Chiron wandert durch den Widder. Er steht dort, wo Mut wächst und das, was du wirklich bist, endlich Gestalt annimmt. Vielleicht fängt es ganz unscheinbar mit einem Gedanken, einem Wort oder einem ersten Schritt an, aber es beginnt, sichtbar zu werden.
Während Sonne und Mond einander gegenüberstehen, schauen sie auch auf Chiron. Sie halten ihm das Licht hin und er spiegelt ihnen jene Stelle, an der Wahrheit und Verletzlichkeit sich begegnen. In diesem Moment wird Heilung geboren. Sie entfaltet sich, wenn Stärke und Schmerz einander erkennen. Sie wächst, sobald der Mensch sich in seiner Ganzheit spürt und beide Seiten denselben Raum teilen.
Chiron ruft sanft und bestimmt. Er lädt ein, die eigene Stimme zu finden, auch wenn sie leise klingt. Ein Wort, das ehrlich gesprochen wird, kann etwas bewegen, tief drinnen und weit hinaus. Mit jedem Schritt, den du wagst, entsteht Verbindung zwischen dem, was du fühlst, und dem, was du sagst.
Dieser Neumond ruft nach Wahrheit im eigenen Ausdruck, nach Balance, die aus innerer Haltung wächst, und nach Wandlung, die in der Tiefe wurzelt. Chiron zeigt die erste Spur, das Dreiergespann gibt Kraft, Uranus räumt in den Wurzeln auf, Saturn gibt den Träumen Halt, Neptun haucht ihnen Leben ein. Aus all dem formt sich eine Neumondzeit, die dein Erwachen schon in ihrem Atem bewahrt.

3 Rituale zum Neumond
So Hexenschwester, jetzt lassen wir die Theorie hinter uns und steigen in die Welt der Rituale hinab. Bevor du aber beginnst, richte dir einen Platz ein, an dem du ungestört bist. Vielleicht hast du ja solch einen Ort auch schon.
Du brauchst:
- Kreide
- kleine Kerze oder Teelicht
- Streichhölzer
- ein kleines Stück von der Eibe (Rinde, Nadel oder Beere – mit Achtsamkeit, da die Eibe giftig ist)
- zwei feuerfeste Schalen, die du hochheben kannst, wenn die Kohle brennt – also am besten mit Griff
- beide gefüllt mit Sand und obenauf je eine Räucherkohle
- Räucherwaren:
- Beifuß, Fichtenharz, Wacholder für Reinigung, Öffnung und Schutz.
- Salbei, Eichenlaub, Johanniskraut für Klärung, Stabilität und Licht.
- ein Glas Wasser
- Schale mit Erde
Damit hast du alles:
- Element Erde in der Schale
- Wasser im Glas
- Feuer in der Kerze
- Luft durch den Rauch
- und die gezeichneten Runen als geistiges Werkzeug
Öffne ein Fenster, damit der Rauch frei ziehen kann. Lege alles bereit, was du brauchst, und schenke dir genügend Zeit für dein magisches Wirken. Jede Handlung entfaltet ihre Kraft, wenn du sie bewusst vollziehst.

1. Ritual: Runen – Ein Weg für Wahrheit und Mut
Dieses Ritual bündelt die Runen-Kräfte von Tiwaz, Ansuz, Laguz, Eihwaz und Berkana.
- Tiwaz steht für Ausrichtung und Wahrhaftigkeit, passend zur Waage und zur Opposition mit Chiron.
- Ansuz öffnet die Stimme und reinigt das Gesagte, passend zu Merkur.
- Laguz bringt Bewegung in das, was nicht so recht fließen will, passend zum Übergang in die Dunkelzeit.
- Eihwaz verbindet Krone und Wurzel, passend zur Achse aus Haus zehn und Haus vier.
- Berkana nährt den Anfang, passend zum Neumond.
Ziehe mit Kreide oder Salz einen Kreis auf den Tisch (oder Boden). Zeichne Tiwaz in der Mitte. Setze dich so, dass der Pfeil von dir wegführt. Zünde eine kleine Kerze oder ein Teelicht an und stelle es rechts neben die Rune, ebenfalls im Kreis. Sprich in einfachen Worten aus, was du in dir stärken willst. Vielleicht braucht es mehr Mut, Klarheit, Vertrauen oder Frieden in dir. Zum Beispiel:
„Ich bin mutig.“
Zeichne nun Ansuz links neben Tiwaz. Atme einmal bewusst ein und aus. Forme einen Satz, der dir wichtig ist, und sprich ihn laut. Ansuz stärkt diesen Satz, damit er seine Wirkung entfalten kann. Beispiele:
„Ich stehe zu meiner Wahrheit.“ oder „Ich öffne mich für die Wahrheit.“ oder „Ich handle bewusst.“
So entsteht eine Brücke zwischen dem, was du fühlst, und dem, was du in die Welt gibst.
Zeichne oberhalb von Tiwaz die Rune Laguz. Träufle einen Tropfen Wasser auf Laguz. So bringst du Bewegung in die starre Form. Laguz löst harte Strukturen und bringt Fluss in das, was weicher werden darf.
Zeichne unterhalb von Tiwaz die Rune Eihwaz. Lege ein kleines Stück der Eibe darauf. Eihwaz, verbunden mit dem Weltenbaum Yggdrasil, bildet die Achse zwischen oben und unten. Übertragen wir diese Achse auf dein Leben, so ist sie stabil, wenn du deine Wahrheit lebst und gleichzeitig gut verwurzelt bleibst.
Zeichne zuletzt Berkana unter das Licht deiner Kerze. Das innere Wachstum (Berkana) wird vom Licht (Kerze) genährt. Die Rune bildet somit sozusagen das Wurzelbett für das Feuer. Berkana hält den Raum für das Sanfte und das Wachsende. So wird dein Vorhaben genährt.
Warum wirkt dieses Ritual?
Tiwaz richtet dich aus und klärt die inneren Prioritäten. Ansuz gibt deinem Vorhaben Stimme und Form. Laguz bringt Bewegung in die Sache, damit sie nicht im Kopf stecken bleibt. Eihwaz sorgt für Standfestigkeit, damit die Veränderung einen Ankerpunkt bekommt. Berkana begleitet den Anfang, damit der Same gesund reifen kann. Diese fünf Runen greifen ineinander und bilden einen klaren Weg von der Entscheidung bis zum ersten Schritt.
Schließe den Kreis, indem du die Hand kurz über jede Rune hältst und deinen Satz noch einmal leise wiederholst. Lass die Kerze abbrennen, damit das Ritual nicht unterbrochen wird.

2. Ritual: Die Waage der Wahrheit
Dieses Ritual verbindet die Waage-Qualität mit einer heimischen Räucherung. Es entsteht ein Ausgleich, indem du Altes bewusst entlässt und Platz machst für das, was dir wirklich wichtig ist. So findet dein Inneres wieder Gleichgewicht.
Stelle zwei feuerfeste Schalen vor dich. Entzünde die Räucherkohle in beiden Schalen. Stelle für die linke Schale etwas Beifuß und ein wenig Fichtenharz bereit. Beifuß öffnet das Tor zwischen den Welten, Fichtenharz klärt und verbindet. Für die rechte Schale benötigst du Wacholder und etwas Salbei. Wacholder schützt und stärkt, Salbei klärt den Geist. Halte außerdem etwas kleingehacktes Eichenlaub bereit sowie etwas Johanniskraut.
Warte bis die Kohlenstücke mit einer weißen Schicht überzogen sind.
Lege zuerst Beifuß und Fichtenharz in die linke Schale. Hebe die Schale an und führe den Rauch vorsichtig einmal zu deinem Kopf und dann zu deinem Brustraum. Sprich dazu, was du nun gehen lässt. Fasse dich kurz, damit die Aussage nicht verwässert wird.
Ein Wort reicht. Zwei Worte genügen.
Beifuß trägt die Botschaft in die Tiefe, das Fichtenharz bindet den Entschluss an die Erde.
Stelle die linke Schale ab und nimm die rechte. Lege Wacholder und Salbei auf. Führe den Rauch wieder zu Kopf und Brust. Sprich nun aus, was in dir wachsen soll. Wacholder gibt Kraft, Salbei hilft, den richtigen Weg zu sehen. Gib nun das Eichenlaub hinzu und etwas Johanniskraut. Eichenlaub schenkt Standfestigkeit, Johanniskraut bringt Licht in die Sache, damit sie Wärme bekommt.
Warum wirkt dieses Ritual?
Die linke Seite löst Bindungen, die aufgelöst werden müssen. Die rechte Seite stärkt das, was du nun aufbaust. So wird ein Ungleichgewicht aufgelöst und es kommt wieder in die Waage. Du entlässt und du nährst.
Schließe ab, indem du beide Schalen nebeneinander stellst und beide Rauchfahnen kurz zusammenführst. So begegnen sich Ende und Anfang. Du kannst dieses Ritual am nächsten Neumond wiederholen und so den Prozess fortführen, bis er sich vollendet hat.

3. Ritual: Ein Pakt mit den Wurzeln
Dieses Ritual schenkt dem Wandel die Wurzelkraft, damit er Halt in deinem Leben findet.
Suche dir einen Ort, der für dich nach Wurzel klingt. Gehe vielleicht zu einem Baum im Wald, im Garten oder am Rand eines Weges. Lege ein Tuch auf den Boden. Stelle ein Glas mit Wasser darauf und eine Schale mit Erde. Lege wieder etwas von der Eibe dazu. Stelle ein wenig Wacholder zum Schutz und etwas Fichtenharz für die Verbindung bereit.
Setze dich so, dass dein Rücken die Wirbelsäule gut halten kann. Lege beide Hände auf die Erde im Tuch. Nenne leise den eigenen Namen. Nenne dann Namen, die deiner eigenen Linie entstammen.
Ein Name reicht, zwei Namen genügen.
So entsteht eine einfache Linie zwischen dir und den Ahninnen.
Gib nun den Wacholder in die Schale und dann das Fichtenharz. Halte die Hände über die Schale und sprich aus, was in deinem Leben verankert bleiben oder werden soll, zum Beispiel: Vertrauen, Ruhe oder Kraft. Tauche die Fingerspitzen in das Glas Wasser und sprenkle ein paar Tropfen auf die Erde. So besiegelst du deinen Pakt mit einer einfachen Geste.
Warum wirkt dieses Ritual?
Die Erde bindet deine Entscheidung an die Materie. Das Wasser trägt die Entscheidung in den Fluss des Lebens. Der Wacholder schützt die Grenze des Ortes. Das Fichtenharz verwebt die Ebenen, damit sich Himmel und Erde begegnen. Der eigene Name verankert deine Handlung in der Ahnenlinie und die Namen der Ahnen öffnen den Raum, dorthin, wo deine Wurzeln sind. So spürst du, dass du Teil der Erde bist und sie dich hält.
Zum Abschluss schüttest du die Erde an den Fuß des Baumes. Berühre die Rinde mit der flachen Hand und atme einmal ganz ruhig und bewusst aus. Sprich einen einfachen Satz, der deinen Weg bestätigt. Du kannst sagen: „Ich bin bereit für das, was kommt.“ oder „Ich gehe meinen Weg mit Vertrauen.“ So endet der Pakt mit den Wurzeln.

Diese drei Rituale greifen ineinander. Der Runenweg richtet aus und setzt den ersten Impuls. Die Waage der Wahrheit schenkt Ausgleich. Der Pakt mit den Wurzeln im Reiche von Mutter Erde verankert das Ganze in der Tiefe.

Die Botschaft der Mondin
Die silberne Mondin der Waage steht an der Schwelle zu ihrem dunklen Reich. Ihr Blick ist ruhig und unbestechlich. Sie trägt das Antlitz einer Alten, die das Spiel von Gleichgewicht und Entscheidung seit Äonen kennt. Ihre Augen spiegeln das, was war und das, was werden will. Sie kennt das Ringen zwischen Wahrheit und Harmonie. Sie weiß, wie schwierig es ist, ehrlich zu sein, ohne zu verletzen. Sie weiß, wieviel Rückgrat es kostet, standhaft zu bleiben, ohne dabei zu verhärten. Sie lässt sich in das Dunkel fallen, um zu prüfen, was Bestand hat.
Höre, was sie dir sagt:
Schau, ich die Mondin, bin in mein schwarzes Gewand geschlüpft, welches all mein Leuchten verbirgt. Doch ich trage es unter meinem Mantel, um seine Kraft zu bündeln, denn nur aus dem Dunkel wird Licht geboren.
Ich spreche zu dir, Erdentochter. Meine Stimme ist leiser als sonst, aber sie findet dich.
Ich sehe, wie du suchst. Ich sehe, wie du schweigst, obwohl dein Inneres längst weiß, was wahr ist. Jetzt ist die Stunde reif, in der die Wahrheit fließen möchte. Sprich. Auch wenn deine Stimme zittert. Ich höre sie.
In dir lebt die Wunde, die heilen will. Chiron steht an deiner Seite. Er zeigt dir, dass Heilung kein Ende ist, sondern ein Weg. Jeder Schritt zählt.
Lilith wacht über dein Feuer. Sie will, dass du dich erinnerst, wer du bist, wenn du alle Masken fallen lässt.
Uranus bewegt die Wurzeln unter dir, damit du spürst, was dir wirklich Halt schenkt.
Saturn stellt die Fragen, die du nicht wagst, auszusprechen. Neptun bringt die Träume, in denen Antworten zu finden sind. Aus Beidem webst du dein Leben.
Ich habe auch ein Geschenk für dich. Es ist ein Zeichen, uralt, fast so alt wie ich. Ich schenke dir Tiwaz, die Rune der Wahrheit. Zeichne sie auf deine Haut, in die Erde oder in den Rauch. Sie richtet dich wieder aus, wenn du dich auf deinem Pfad verlierst.
Atme meine Tochter der Erde. Fürchte die Dunkelheit nicht. Sie ist meine Hand, die dich hält, bis dein Licht wieder wächst.
Und nun geh. Sprich aus, was du zu sagen hast. Richte die Waagschalen deines Herzens aus.
Ich bin bei dir, wenn du still wirst. Begleite dich bei jedem Schritt und jedem Atemzug.
