Idun, eine Göttin und Hüterin der Äpfel, ist das Mädchen, dass das Mittel gegen das Altern der Asen kennt. Es trug sich aber zu, dass die ewige Jugend der Gottheiten drohte, für ewig verloren zu sein.

Goldener Apfel von Idun

Wen wundert es, dass Loki tief in diese alte Geschichte verwickelt war? Lasst mich erzählen²:

Auf einer Wanderung, tief im Reiche der Hrimtursen¹, versuchen Odin, Loki und Hönir einen Ochsen zu garen. Allein, es fehlt an Feuerkraft. Ein großer Adler saß auf einer Eiche und sprach zu ihnen, dass er Schuld sei, dass der Ochse nicht genießbar wurde. Er versprach einen gegarten Ochsen, wenn er sich am Mahle beteiligen dürfe. Hungrig, wie Götter nun mal sind, stimmten sie zu.

Der Adler fackelte nicht lange und nahm sich die besten Stücke. Loki fand dies zu viel des Guten. Zornig nahm er eine Stange und stieß sie dem Adler in den Leib. Der Adler flog davon und mit ihm Loki, der die Stange nicht loslassen wollte. Der Adler flog so tief, dass Lokis Körper das unter ihm befindliche Gestein, die Wurzeln und Bäume streifte. Die Arme schmerzten und er flehte um Gnade, der Adler möge doch bitte innehalten. Der Adler wusste, wann eine Gelegenheit günstig war und wollte für diesen Gefallen eine Gegenleistung: Loki solle ihm Idun samt ihrer Äpfel bringen. Loki stimmte zu und der Adler ließ ihn frei.

Zurück im Reich der Asen lockte Loki die schöne Idun mit einer List fort. Er log, dass sich die Balken bogen. Er würde ihre gerne Apfelbäume zeigen, die an ihre eigenen Äpfel erinnerten und sie möge doch bitte ihre Äpfel mitnehmen, damit es sich vergleichen ließe. Idun ging mit ihm, was sie aber vorfand, war kein Apfelbaum, sondern der Adler, der sie raubte.

Die Gottheiten, um ihre verjüngenden Äpfel beraubt, begannen zu ihrem Entsetzen zu altern. Sie riefen einen Thing ein, um sich zu beraten. Bald schon war klar, dass Loki der Letzte war, der mit Idun gesehen wurde. Sie drohten ihm mit Tod und Peinigung, wenn er nicht reden würde. Erschrocken versprach Loki die Göttin zurückzubringen und machte sich auf. Er flog los, mit dem Falkengewand der Göttin Freyja. Der Adler, nachdem er nun unaufhörlich auf der Suche war, hatte auch nicht in seiner eigentlichen Gestalt zu viel des Ochsen verschlungen, denn er war kein geringerer als der Riese Thiassi. 

Loki fand die Behausung des Riesen, der gerade auf die See gerudert war und Idun allein zurückließ. Der listige Gott wandelte sie in eine Nuss, nahm sie in seine Klauen und flog mit ihr heim. Thiassa kam alsbald zurück, vermisste seine Iduna und legte abermals sein Adlergewand an. Schnell nahm er die Verfolgung auf und kurz vor Asgard hatte er Loki fast eingeholt. Die Götter sahen den Falken mit der Nuss und den Adler kommen. Schnell legten sie Hobelspäne aus und sobald Loki hinter der sicheren Burgmauer war, entfachten sie das Feuer. Der Adler vermochte es nicht mehr, seinen Flug zu stoppen. Das Gefieder begann zu brennen und er stürzte hernieder. Die Asen fackelten nicht lange und erschlugen den Riesen. 

Thiassi hatte eine Tochter, Skadi, die Göttin des Winters. Außer sich vor Zorn stellte sie die Götter zur Rede. Diese versprachen ihr einen göttlichen Gemahl, aber diese Geschichte sei im Beitrag zur Wintergöttin erzählt

Goldener Apfel von Idun

Die Symbolkraft des Apfels

Idun war also die Hüterin der goldenen Äpfel, die ewige Jugend schenkten, wenn sie verzehrt wurden.

Der Apfel begegnet uns in vielen Kulturen, Sagas und Märchen, denken wir nur an Frau Holle.

Oder, wer kennt nicht die böse Stiefmutter, die Schneewittchen einen vergifteten Apfel reicht. Wer weiß nicht von dem Apfel als verbotene Frucht im Paradies. Nun, in der Bibel war nie wirklich die Rede von einem Apfelbaum, aber das scheint niemanden großartig zu stören.

Herakles holte drei Äpfel der Unsterblichkeit aus dem Garten der Hesperiden.

Paris, ein Jüngling der griechischen Mythologie muss entscheiden. welche von drei Göttinnen die Schönste sei. Als Eris, die Göttin der Zwietracht, nicht zu einer Hochzeit eingeladen war, warf sie einen Apfel mit der Aufschrift „Der Schönsten“ inmitten der Hochzeitsgesellschaft. Aphrodite, Hera und Athene gerieten in Streit, wem dieser Apfel gebührte, was auch später den Begriff „Zankapfel“ prägte.

Und was ist mit Avalon? Walisische Legenden berichten von Merlin und Arthus, die ein Inselparadies mit Apfelgärten aufsuchten – das Reich Avalon, was sich möglicherweise aus dem walisischen Wort für Apfel „afal“ herleitete.

Schneiden wir einen Apfel einmal quer durch, so streckt sich uns ein Pentagramm entgegen, eines der mächtigsten Symbole überhaupt und jeder Hexe bekannt.

Nun, Äpfel sind vor allem eines, die Frucht des Lebens. Sie sind nicht nur eng mit der Fruchtbarkeit verknüpft, sondern auch mit dem Kreislauf des Lebens selbst. Es heißt, die helle Seite des Apfels steht für das Vergehen und Sterben, die rote Seite für das Werden und Leben.
Den letzten Apfel des Baumes ließen die Menschen einst für das Apfelbaumheinzelmännchen hängen. In der Julzeit waren immergrüne Bäume mit Äpfeln behangen, die dann später zu Christbaumkugeln wurden. In alten Sagen ist auch zu lesen, dass Äpfel und Nüsse, die in dieser Zeit so manch Armen geschenkt wurden, hernach zu Gold wurden.
Goldener Apfel von Idun

Idun – Göttin und Hüterin der Äpfel der Unsterblichkeit

Der Skalde Thorolf schrieb in seinem Gedicht „Haustlöng“, Idun sei „das Mädchen, dass das Mittel gegen das Altern der Asen kennt“. In der eben erzählten Geschichte verwandelte Loki sie in eine Nuss. Apfel und auch Nuss sind beides Symbole der Fruchtbarkeit. Sie stehen aber auch für das Leben nach dem Tod. Auch Idun selbst ist mit diesen Attributen verbunden. Ihr Name wird als „die Erneuernde“ oder auch „die Handelnde“ übersetzt. In der Völuspa findet sich für die neu erblühende Erde nach Ragnarök das Wort „iðiagrænn“, welches mit Idun verwandt ist.

Viel steht über Idun nicht geschrieben, sehen wir einmal von all den Geschichten ab, für die es keine geschichtlichen Grundlagen gibt. Sie ist die Gattin des Skalden Bragi, der trotz der Äpfel der Idun einen langen, weißen Bart trug. Das mag wohl daran liegen, dass ein in Asgard aufgenommener Sterblicher für die ewige Jugend mehr Äpfel als eine Gottheit benötigt.

Richard North veröffentlichte 1997 eine Abhandlung³ über das Haustlöng Gedicht. Er bezeichnet Idun auch als „freudenvergrößernde Mädchen der Götter“, „Göttin des sprudelnden Wasserstroms“ und als „Welle des Strudels der Göttin“. Letzteres ist wohl dem Wortspiel von Strudel „iðu“ und Welle „unnr“ geschuldet.

North stellt ferner die Theorie auf, dass Idun mit der Zeit der Aussaat verbunden ist. Er setzt die Rettung der Göttin mit dem Ende des Winters gleich. In diesem Fall wäre Idun (als Nuss zurückgebracht) die Saat für die nächste Erntephase. Nicht alles jedoch, was  North überlegte, scheint Hand und Fuß zu haben. Es ist eine weit verbreitete Unart, nicht nur der Religionswissenschaft, einer weniger bekannten Göttin kein Alleinstellungsmerkmal zu gönnen. Es ist wohl nicht leicht, anzuerkennen, dass das Heidentum viele Gottheiten zu bieten hat. So sieht auch North die Göttin Idun „lediglich“ als einen Aspekt der Göttin Freyja. Andere Gelehrte schreiben sie auch der Ostara zu.

Goldener Apfel von Idun

Idun in der Gegenwart

Sie ist eine schöne Göttin mit weiblich anmutendem Antlitz. Sie verspricht ewige Jugend, stetige Erneuerung. Zeitschriften wie die Idunna machen sich diese erneuernde Kraft zunutze. Ihre Kraft soll helfen, dass Heidentum erneut aufblühen zu lassen.

Du kannst sie mit Musik und Gesang rufen, wenn sie dir helfen soll, in die eigene Kraft zu kommen.

In der magischen Arbeit kannst du ihre Farben gold, hellgrün und auch das zarte Rot eines Apfels verwenden. Du könntest beispielsweise Kerzen in diesen Farben nutzen. Besonders gut eignet sich ein Freitag kurz vor Vollmond.

Auch ihre Früchte, die Äpfel, lassen sich in die magische Arbeit einbinden. Sie stammen aus der Familie der Rosengewächse. Möchtest du räuchern, so kannst du sowohl die Frucht als auch die Blüte des Apfelbaumes nutzen. Es wird gerne für Liebeszauber verwendet. Ich finde es nicht richtig, mit solchen Zaubern auf das Leben anderer Menschen einzuwirken, aber das muss jedes Wesen selbst entscheiden. Ein Rezept werde ich dafür jedoch nicht zur Hand reichen.

Möchtest du eine Krankheit bekämpfen, so schneide einen Apfel in drei Teile. Reibe die einzelnen Teile beschwörend über den Körper, auf dass sie alle Krankheit in sich aufnehmen. Vergrabe sie im Anschluss. So wurden einst auch Warzen behandelt. Das soll dich aber nicht davon abhalten einen Arzt aufzusuchen, ein wenig Magie jedoch, kann nicht schaden.

 


¹) Frostriesen

²) bezieht sich auf Karl Simrock „Die Edda“, Bragaroedur, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg, 3. Auflage 2018, S. 314ff. – Sowohl Übersetzungen als auch Deutungen unterscheiden sich, ebenfalls empfehlenswert: Arnulf Krause: Die Edda des Snorri Sturloson.

³) The Haustlǫng of Þjóðólfr of Hvinir. Hisalik Press, 1997.