Unter dem grauen Atem des Novembers steigt die Mondin in ihrem goldenen Gewand empor. thront sie über der schlafenden Erde. Ihr Licht ist ein gedämpftes Leuchten, das über die kahlen Felder wandert. Es erinnert an die Wärme, die in uns aufsteigt, wenn wir tief verbunden sind. Zu diesem Vollmond ist sie eine Hüterin der alten Feuer.
Die Sonne steht gegenüber im Skorpion. Zwischen ihnen spannt sich der Bogen des Lebens und Sterbens, des Halts und der Hingabe. Der Stier, durch den sie wandelt, gräbt sich tief in die Wurzeln. Der Skorpion zieht die Säfte hinab in die Dunkelheit, wo Leben sich erneuert. In dieser Spannung pulsiert die Kraft des Wandels, ein Wandel, der sich tief im Bauch der Erde vollzieht.
Dieser Vollmond ruft die Namen derer, die vor uns lebten und nicht mehr sind. Unsere Herzen antworten mit einem stillen Zittern. Die Erde flüstert: Alles, was vergeht, nährt das, was bleibt.

VOLLMOND in STIER
SONNE in SKORPION
05. November 2025
14:19:16 MEZ / Berlin

Das Gewebe der Gestirne
Im Rad des Himmels steht die Mondin im Stier und schaut in das Antlitz der Sonne im Skorpion. Zwischen beiden fließt ein Strom, der alles Irdische berührt. Er zieht durch unsere Körper und webt alte Erinnerungen in sie hinein. Er ist die Nabelschnur zu unseren Herzen und nährt sich aus den Stimmen unserer Ahnen. Unter seinem leisen Puls erwacht, was lange geschlafen hat.
Der Aszendent dieses Vollmondes ruht in den Gewässern der Fische. Er öffnet die Schleier und macht sie durchlässig für die Sprache des Unsichtbaren. Mit dieser Energie hören wir die Erde atmen und spüren, dass alles, was vergeht, Teil eines größeren Rhythmus ist.
Die Sonne im Skorpion steht im achten Haus, den Raum des Wandels. Dort verwandelt sich das, was bereit ist, zu sterben, um in einer anderen Form weiterzuleben. Die Mondin im Stier wandert durch das zweite Haus. Ihr silberner Schein ruft all das, was nach seinen Wurzeln sucht. Alles was vergeht, formt sich im Atem der Erde neu.
Saturn und Neptun verweilen in den Fischen, nahe dem Aszendenten. Sie lehren Geduld, Hingabe und auch dem zu vertrauen, was nicht sichtbar ist. Pluto im Wassermann öffnet im zwölften Haus das Tor zu den Schatten unserer Erinnerung. Aus ihrer Tiefe steigen Bilder empor. Wir hören alte Stimmen flüstern und die Spur der Ahnen webt sich in unsere Welt.
Diese Vollmondzeit erzählt von Rückkehr und von dem Leben, das in den Schoß der Erde sinkt, um sich dort zu erneuern. Viele Geschichten wollen nun gehört werden, damit sie Frieden finden. Die Mondin weiß um die stille Macht, die sich entfaltet, wenn wir aufhören, dem Dunkel auszuweichen.
Unter diesem Himmel ruft die Mondin im Stier uns zurück in das Fühlen, damit Heilung aus den Schatten der Dunkelheit wächst.
Sie möchte, dass wir uns in den Schoß von Mutter Erde fallen lassen, um das Unsichtbare zu empfangen. Werden wir still, kann all das, was längst da ist, wieder durch uns sprechen.

Im Atem der Dunkelzeit
Der Stier hütet die Schwelle dieser Zeit. Er ist ein erdiges Wesen aus Atem und Stein. Still wacht er über uns. Aus dem Erbe des Auerochsen geboren, ruht in seinem Leib noch immer das alte Wissen. Er weiß um die Kraft des Lebens, die sich niemals verliert. In seinem Blick liegen all die Spuren derer, die vor uns gingen. Er spiegelt die rissigen Hände derer wider, die einst pflügten. Er zeigt die hungrigen Münder, die die Götter um Nahrung baten. In seinen Augen flammt die Wärme derer, die ihre Herzen öffneten, selbst wenn das Leben schwer war. Er steht an der Schwelle und hält Wache über das, was kommt und geht. Sein Atem mischt sich mit dem ersten Frost.
Die Dunkelzeit sinkt immer schwerer über uns. Nebelschwaden sammeln sich an den Rändern der Berge, über Flüsse und Seen, in den Mulden, die sich in das Land gegraben haben. Das Holz knackt im Feuer, und aus der Erde steigt der süße, schwere Duft des Verfalls. Mutter Erde atmet all die Geschichten, die älter sind als wir. Die Stimmen der Ahnen mischen sich in das Flüstern des Windes. Sie rascheln im sterbenden Laub und pulsieren im Pochen des eigenen Blutes.
Aus dieser Tiefe steigt eine alte Geschichte empor. Sie erzählt von Demeter, der großen Mutter, die das Leben in ihren Händen hält. Als ihre Tochter Persephone in die Unterwelt gerufen wird, verstummt die Erde. Kein Halm wächst mehr. Kein Korn wird mehr reif. Alles Leben hält den Atem an, bis Mutter und Tochter einander wiederfinden.
Diese Geschichte zeigt sich im Kreis des Jahres. Winter und Sommer. Vergehen und Werden. Sie lebt aber auch in uns. Sie zeigt sich in jedem Abschied und in allem, was sich wandelt. Persephone steigt hinab, damit das Leben unter der Erde fortbesteht. Demeter hütet an der Schwelle das Feuer, das den Weg zurück erhellt.
So lehren uns beide, dass nichts verloren geht. Alles wandert nur in eine andere Gestalt. In dieser Zeit, da die Dunkelheit tiefer sinkt, fühlen wir den Rhythmus dieser alten Wahrheit in uns selbst.
Das Leben zieht sich zurück, um neue Kraft zu schöpfen. Das Licht ruht in der Erde und die Erinnerung durchwebt unser Blut.

Drei Tore der Verbindung
Nimm eine Kerze und tritt hinaus in die Nacht, wenn die Mondin in all ihrer Fülle am Himmel steht. Ihr Licht legt sich wie Atem über die Erde. Ist es dir möglich, so wähle einen Platz, von dem aus du sie sehen kannst. Spüre die Kälte, den Hauch der Dunkelzeit in der Luft und den schweren Atem von Mutter Erde unter deinen Füßen.
Bist du bereit, so durchschreite das erste Tor. Es ist das Tor der Erde.
Gehe in die Hocke und lege die Hände auf den Boden. Spüre Mutter Erde und lass deinen Atem in die Tiefe sinken.
Sprich:
Ich bin deine Tochter.
Ich bin aus dir geboren.
Eines Tages kehre ich zu dir zurück.
Du rufst Mutter Erde. Du verbindest dich mit ihr. Fühle, wie sie dir antwortet und du ihr. Spüre den Austausch zwischen euch. Schenke ihr eine Gabe. Das kann ein Haar von dir sein, ein Korn, ein Samen oder ein Lied, das du für sie singst. So werdet ihr zu einem Kreis von Geben und Empfangen.
Aus diesem stillen Moment heraus öffnet sich das zweite Tor. Es gehört den Ahnen.
Bleib, wo du bist, doch richte den Blick in die Dunkelheit. Dort, wo die Linien der Welt verschwimmen, finden sich unsere Ahnen.
Sprich:
Ich höre euch in den Winden.
Ich spüre euch in meinem Blut.
Geht mit mir durch die Dunkelheit.
Du ehrst sie, indem du ihnen zeigst, dass du sie wahrnimmst. Du bittest sie um Beistand in dieser Zeit. Lass deine Ahnen durch dich atmen. Erschrick nicht, wenn du sie spürst. Es kann dir kalt werden oder warm. Vielleicht spürst du einen Windzug auf deiner Wange, einen Blick in deinem Rücken. Was auch immer sich zeigt, all dies ist ihre Antwort für dich.
Bist du bereit für das dritte Tor. Es gehört dem Licht.
Entzünde den Docht deiner Kerze. Lass die Flamme auf dich wirken. Ihr Leuchten trägt das Feuer der Sonne in sich, das auch im Dunkel weiterlebt. Schaue in dieses Licht, bis du es in deinem Inneren spüren kannst.
Sprich:
Ich leuchte im Licht der Sonne.
Ich atme das Licht der Mondin.
Licht des Lebens leuchte in mir.
Halte die Hände über die Flamme, bis du spürst, wie sich ihre Wärme mit deinem Atem verbindet. Alles, was sich in dir getrennt anfühlt, fließt nun wieder zusammen.
Erde, Ahnen und Licht. Alles ist ein Kreis, der lebt.
Bleibe so lange in der Stille, wie du magst. Wisse, dass du Teil des großen Atems bist, aus dem alles Leben und jeder Wandel besteht.

Die Botschaft der Mondin
Die Flamme flackert, und für einen Atemzug scheint die Nacht stillzustehen. Aus der Stille hebt sich eine andere Gegenwart. Es ist, als würde das Licht selbst zu dir sprechen – ruhig, alt, nah.
Ich bin die Mondin, Tochter der Erde und Sonne der Nacht.
Ich bin die Hüterin der Wege zwischen den Welten.
In meinem Glanz erkennst du, was in dir geboren werden will.
Ich rufe dich, damit du dich daran erinnerst, wer du bist.
Du trägst die Wurzeln der Erde in deinem Leib und den Atem des Himmels in deinem Herzen. Zwischen beidem fließt dein Leben.
Was du Dunkelheit nennst, ist mein Schoß.
Was du Stille nennst, ist mein Atemzug.
In dir pulsiert der Zyklus, der auch mich bewegt – Werden, Vergehen, Wiederkehr.
Lege deine Ängste in mein Licht.
Ich trage sie dorthin, wo sie zu Samen werden.
Alles, was du verloren glaubtest, ruht nur im Boden der Erneuerung.
Ich bin bei dir, wenn die Nacht die Erde verdunkelt.
Ich schenke dir mein Licht, damit du sicher bist in diesen Zeiten des Wandels.
Ich lege mein Leuchten in deine Träume, damit du siehst, dass das Leben weiter atmet, auch wenn du loslässt.
Ich höre das, was du verschweigst.
Ich kenne die Geschichten, die in deinem Blut singen.
Ich singe sie mit dir, bis sie wieder leicht werden.
Ich hülle dich ein, bis du dich erinnerst, dass du aus demselben Stoff geboren bist wie ich.
Du bist das Licht, das die Dunkelheit berührt, ohne dabei zu verlöschen.
Deine Schatten, sind jene Orte, an denen ich dich behüte.
In der Stille ist es mein Atem, der dich wiegt.
Ich bleibe bei dir, solange die Nacht dauert.
Und wenn der Morgen kommt, bin ich die Stille in deinem Inneren, bis du mich wieder rufst.

 
  
 



