Die Walpurgisnacht ist in magischen Kreisen mitunter verpönt und als rein christliches Fest verschrien, aber vielleicht lassen sich unter dem christlichen Gewand auch heidnische Spuren finden. Das Fest selbst erinnert stark an das keltische Fest Beltane, welches in der selben Nacht vom Hexen- und Zaubervolk gefeiert wird.

Vielleicht finden sich ja Gemeinsamkeiten zwischen der Walpurgisnacht und Beltane. Begeben wir uns auf eine kleine Spurensuche.

Hexenbesen Broom

Walpurgisnacht vom 30. April zum 01. Mai

Walpurgis – Auf den Spuren einer heidnischen Seherin

Wer ist eigentlich diese Walpurgis, Namensvetterin der Walpurgisnacht, zu deren Ehren ein ganzes Fest gefeiert wird?

Walpurgis war einst eine heidnische, eine göttliche Seherin. Die Christen verstanden sich seit jeher gut im Kopieren alter heidnischer Feste, doch eine Göttin der Heiden als Patronin erscheint recht gewagt. Was ist da los?

Der Name Walpurgis stammt aus dem germanischen Sprachraum.

ΒΑΛΟΥΒΟΥΡΓ ΣΗΝΟΝΙ ΣΙΒΥΛΛΑ

„Waluburg, Seherin aus dem Stamm der Semnonen“

Diese Gravur wurde auf einer uralten griechischen Tonscherbe gefunden. Die Semnonen sind das Stammvolk der elbgermanischen Sueben, einer Stammesgruppe Germaniens.

Waluburg die Seherin und Wahrsagerin, entstammt also den Semnonen. Die Semnonen dienten im 2. Jahrhundert in einem römischen Heerlager in Ägypten. So verwundert es nicht, dass Wilhelm Schubart die Tonscherbe auf der Nilinsel Elephantine entdeckte und 1917 rezipierte.

Waluburg ist eine der bekanntesten Seherinnen der alten Zeit, wie auch Albruna, Ganna oder auch Veleda. Die Namen der alten Seherinnen waren oft zweigeteilt. Die Beinamen bezogen sich auf die kultisch magischen Tätigkeiten und auch auf die Stellung der Seherin innerhalb einer germanischen Gesellschaft.

Walu | burg

Βαλουβουργ

Walu ist aus dem gotischen Wort waluz für Stab abgeleitet. Es gab einst den walu-bera, den Stabträger. Der Stab war ein bedeutsames Instrument der germanischen Seherinnen.

Der zweite Teil des Namens -burg ist insofern interessant, als dass er als Personennamen vor dem 7. Jahrhundert nicht belegt ist. So ist es möglich, dass er aus dem mittelhochdeutschen Sprachgebiet stammt und auf borc, borgg (sich etwas borgen, leihen) zurückgeht.

Die Kirche beanspruchte Walpurgis kurzerhand für sich und sprach sie später gar heilig. Walburga oder auch Walpurgis soll demnach um 780 gestorben sein und das ironischerweise in einem Ort namens Heidenheim, in deren Kloster sie Äbtissin war.

Es gibt mehr als eine

Waluburg oder heute gebräuchlicher Walpurgis wird in vielen Regionen anders dargestellt. Zumeist wird sich an die Heilige Walpurgis angelehnt, aber es gibt auch Gegenden, in denen ihre heidnische Seele zum Vorschein kommt.

So wird Walpurga in Böhmen und Niederösterreich als weiße Frau mit Schuhen aus Feuer und einer goldenen Krone abgebildet. Spiegel und Spindeln sind zu sehen. Es ist nicht zu leugnen: Walpurga ist dort eine Göttin der Sonne, welche mit weißer Magie die Erde erwärmt und in deren Spiegeln unsere Seele sich erkennt, während das Rad des Schicksals weiterspinnt.

Ihr zu Ehren feiert das dortige Volk in der Nacht vom 30. April zum 01. Mai, in der Walpurgisnacht, ein magisches Fest. Bei ihnen ist es die letzte Nacht der Dunkelzeit. Walpurgis ist also in einigen Gegenden durchaus eines jener heidnischen Feste, welche den Schleier zwischen den Welten hauchdünn werden lässt und eine Brücke zur Anderswelt schlägt.

Zauberkessel und Hexenbesen

In der Walpurgisnacht wird der Harz zum Hexenkessel

Hexen als Spielzeug und Dekoration

Mit der Walpurgisnacht lässt sich inzwischen ganz gut Geld, das hat sich überall herum gesprochen, aber vor allem im Harz werden Hexen, Zauberer, Teufel und Dämonen aufgefordert, ein wildes Fest zu feiern. In über 20 Orten der Region werden ganz offiziell Feste ausgerichtet. Die privat organisierten Feiern dürften die Anzahl noch einmal weit übertreffen.

Im Harz wird mit der Walpurgisnacht der Winter ausgetrieben und der Frühling begrüßt. Es werden Feuer entfacht, was stark an Beltane, dem ursprünglichen Fest der Kelten und gewissermaßen dem einheimischen Pendent zur Walpurgisnacht, erinnert.

Die Kelten feierten in dieser Nacht das Fruchtbarkeitsfest mit riesigen Freudenfeuern. Es heißt, es seien überall dort, wo blaue Feuer brennen, Schätze vergraben. Das Feuer soll ein unheilvolles Wyrd, ein böses Schicksal, von den Menschen abwenden.

Die Tore der Anderswelt stehen wie auch zu Samhain weit offen. Brot und Met wird für die umher schweifenden Wesen der anderen Welt als Opfergaben bereit gestellt.

Der Brocken – Wallfahrtsort der Hexen

Doch verweilen wir an dieser Stelle in unseren Gefilden. Der höchste Berg des Harzes, der Brocken, ist wohl der berühmteste Hexentanzplatz im Brauchtum der Walpurgisnacht. Goethe hat ihn im Jahre 1777 besucht und in seinem Werk „Faust“ aufgenommen. Er lässt Faust und Mephistopheles in der Walpurgisnacht auf dem Brocken beim Hexensabbat mittanzen.

Dabei sprach Mephisto zur Alten:

Einst hatt‘ ich einen wüsten Traum;
Da sah ich einen gespaltnen Baum,
Der hatt‘ ein ungeheures Loch;
So groß es war, gefiel mir’s doch.

Ich biete meinen besten Gruß
Dem Ritter mit dem Pferdefuß!
Halt‘ Er einen rechten Pfropf bereit,
Wenn Er das große Loch nicht scheut.

Natürlich wird in den literarischen Geschichten im Umgang mit den eigentlichen Bräuchen viel Schabernack getrieben. So fliegen die Hexen auf ihrem Besen durch die Nacht und feiern in den Bergen ausschweifende Orgien mit dem Teufel. Nun, es ist interessant, welche Phantasien sich so in den Köpfen abspielten, jedoch war der Hexenbesen vielmehr ein Gegenstand aus Reisigzweigen und Weidenruten, mit dem sich die Hexen nicht in die Lüfte erhoben, sondern ihre magischen Plätze reinigten, schützten und abgrenzten.

Heutzutage verkleiden sich die Menschen als Hexen oder Teufel. Allein oberhalb des Bodetales werden auf dem Hexentanzplatz zur Walpurgisnacht an die 10.000 Besucher erwartet. Die Gesamtzahl der Besucher wird auf 100.000 Menschen geschätzt. Am Nachmittag gibt es oftmals Umzüge für die Kinder.

Der Harz macht wirklich ein sehr profitables Geschäft mit den Hexen. Von den wahren Hexen der heutigen Zeit werden sich wohl nicht allzu viele in dieses kommerzielle Getümmel stürzen und eher anderswo zu finden sein.

Hexen reinigt Frühjahrsputz

Andere Bräuche zum Mai

Es heißt, die Hexen trafen sich in der Walpurgisnacht mit dem Teufel für ausschweifende und unheilbringende Umtriebe. Die Menschen fürchteten die bösen Dämonen und Geister und versuchten, sie mit Peitschenhieben, Glockengeläut, Schießen und einer Räucherung von Stall und Haus fernzuhalten. Kreuzzeichen wurden an Türen angebracht und Kräuterbüscheln aufgehängt.

Es ist die Zeit, in der sich die Ur-Göttin der Erde mit dem bald sterbenden, gehörnten Sonnengott paarte, um die Reinkarnation des neuen Sonnengottes zu zeugen. Auch die jungen Mädchen und Männer paarten sich in dieser magischen Nacht. Bis der Morgen erwachte, vollzogen sie ihre Liebesrituale in der freien Natur, auf Wiesen und in Wäldern. Am Morgen dann kehrten die Frauen mit Blumen in ihre Dörfer zurück, um die Häuser mit ihnen zu schmücken.

Die Jungfrauen indes zogen zur frühen Morgenstunde hinaus, um ihr Gesicht mit Tauwasser zu reinigen. Überhaupt spielte Wasser eine wichtige Rolle. Magier, Hexen oder auch die keltischen Druiden – sie alle holten sich das Wasser aus Flüssen, Bächen, Quellen, Seen und dem Meer, um ihre heilenden Medikamente damit zuzubereiten. Diesem Wasser wurde ein ganz besonderer Schutzzauber zugesprochen.

Die Heiden brachten einst ihren Göttern anfangs noch Menschenopfer dar, später dann opferten sie das Vieh und brachten auch pflanzliche Gaben wie Getreide. Die Vermählung wurde als ein großes Fest gefeiert und im Mittelpunkt stand der Maibaum.

Der Maibaum

maibaumIn vielen Gegenden, vor allem im bayerischen Raum, ist es noch heute üblich, einen Maibaum aufzustellen. Der Maibaum ist seit jeher ein Symbol der Fruchtbarkeit und lehnt sich somit auch an die Geschichte des vorchristlichen Weltenbaumes an. Er wird oftmals noch mit reiner Muskelkraft zum Stand gebracht. Dieser Maibaum wird von den jungen Burschen streng bewacht.

Gelingt es den Nachbarsburschen ihn dennoch zu stehlen, so muss er nach alter, zumindest bayerischer Tradition mit Bier und einer Brotzeit wieder ausgelöst werden.

In meiner Kindheit in der Altmark gab es stets einen Maibaum. Ich erinnere mich ebenso, dass die Jüngsten immer Seile über die Straße spannten und so Vorbeikommende zum Halt zwangen. Ihnen wurde erst nach einer Gabe gestattet, weiterzufahren.

In vielen Gegenden Deutschlands, wie in Bayern, der Pfalz, oder auch im Saarland, wird zum Feste eine Maikönigin gewählt. Auch sie steht für die Fruchtbarkeit der Erde und ist eine, wenngleich kaum noch wahrnehmbare Verehrung der Göttin aus alter heidnischer Zeit.

Der Volksmund und seine Geschichten

Es heißt, dass zu den Zeiten der Heiden wie auch bei dem keltischen Beltane, Liebesakte auf den Feldern vollzogen wurden, damit das Land fruchtbar ist und eine reiche Ernte schenkt. Die Charakteristika beider Feste überlappen sich in vielen Facetten.

An anderen Stellen steht geschrieben, dass in der germanischen Kultzeit die Walpurgisnacht genutzt wurde, um die Nachkommenschaft der Priester und Hexen zu zeugen. Hexen und Priester wurden für diesen Akt auserwählt. Priester trugen Masken und ein Hirschgeweih, das den Grad ihrer Einweihung erkennen ließ.

Überdies erzählt der Volksmund von:

  • unterirdischen Schätzen, die nach oben stiegen und glühten
  • die weiße Frau benetzte die Erde mit Tau und befruchtete sie
  • der Morgentau des Mais macht schön und jung
  • Mädchen begießen sich mit Wasser
  • in den Brunnen wird Wasser zu Wein
  • Zeit der Brautschau

Fest der Ekstase

Die Walpurgisnacht ist ein berauschendes, ein ekstatisches Fest. Es wird wild getanzt und die Realität wird mit jeder Minute der Nacht weiter hinter sich gelassen. Der Kontakt zur Anderswelt wird hergestellt und sämtliche Energien werden entfacht und freigesetzt.

Die Liebespaarungen der Priester und Hexen, der ekstatische Tanz und die ausschweifenden Feste lösten in unbeteiligten Beobachtern Ängste aus und so wurde zu früheren Zeiten die Walpurgisnacht verteufelt und im Christentum dem Hexensabbath zugeschrieben.

Gehörst du zu den Kräutersammlern, so nutze die Walpurgisnacht zum Sammeln. Heilkräuter, die in der Nacht zum 01. Mai gesammelt werden, sollen ganz besonders starke Heilkräfte besitzen.

Ein letzter Tipp zum Schluss: Beachte das Wetter in der Walpurgisnacht, so heißt es doch:

Regen auf Walpurgisnacht hat stets ein gutes Jahr gebracht.

Hexe beim Kräuter sammeln

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