Diese Welt ist ein Wunder. Diese kaum fassbare Schönheit in allen Dingen nimmt mir oft die Luft. Eine kleine zarte Knospe enthält die Anmut einer ganzen Welt. Diese bezaubernden Blumen am Wegesrand oder inmitten einer Wiese sind jede für sich gesehen kleine Kleinode einer faszinierenden Flora. Eine jede ein Kunstwerk unermesslichen Könnens.

Das Gras der Wiese riecht nach dem Regen zauberhaft. Ich kann einfach nicht anders als ihn tief in meine Lunge strömen zu lassen. Der warme ureigene Geruch durchströmt meinen gesamten Körper und lässt Dankbarkeit für dieses wundervolle Leben in jede einzelne Zelle strömen.

Die Rinde eines Baumes ist ein erstaunliches Gebilde an dem ich mich nicht sattsehen kann, vor allem diese dicken stark zerfurchten Gebilde, die eine Kraft ausstrahlen, als wären sie seit anbeginn der Zeit an ihrem Platz von dem nichts sie je wieder vertreiben könnte. Der Blick wandert den Stamm empor und landet im saftigen Grün der Krone. Der Baum spendet mir Schatten und Träume. Er wirkt so mächtig, so weise, so stark und unverrückbar. Die Natur durchwandert meinen Körper, wenn ich mich an ihn lehne oder gar umarme.

Der kleine Bach, der plätschernd den Wald durchwindet. Unaufhörlich fliesst das Wasser mit einer Leichtigkeit, die auch mir alle Schwere zu nehmen vermag. Dann diese breiten wilden Flüsse, die sich voller Mut ihre Schluchten bahnen. Ein Zauber der Natur ist in jedem Tropfen zu Hause. In jedem See, ob er nun türkis, tiefblau, hellgrün oder grau schimmert.

Der Himmel am Tage mit seinem zauberhaften Blau und den weißen Wolken, die mal wie Gebirge getürmt in Eile vorüber ziehen oder als weiße zarte Federn in unermesslicher Schönheit wie ein Aquarell gezeichnet sind. Der Himmel in der Nacht mit seiner tiefen Schwärze und dem dunklen Geheimnis fremder Welten. In der Stadt kann ich die Sterne nur als einen Hauch zarten Lichtes erkennen, aber auf dem Land prangen sie stolz am Firmament und flüstern mir ihre Geschichten der Unendlichkeit.

Die Welt ist ein Wunder bis ich eines Tages in die Stadt muss und der Besuch der Einkaufspassage diesen Zauber vergessen lässt.

 

All diese rücksichtslosen Menschen

Ich vermeide einen Aufenthalt in Menschenmengen so gut es geht, aber manchmal habe ich einfach keine Wahl und begebe mich mitten hinein in das Getümmel.

AkkordeonspielerEs beginnt schleichend, harmlos auf ganz leisen Sohlen nähert sich Stück für Stück die unerträgliche Anwesenheit einer erkalteten Zivilisation. Unter einem kleinen Bogen spielt ein alter Mann mit spielerischer Leichtigkeit klassische Melodien auf seinem Akkordeon. Er lächelt uns, meiner Frau und mir, zu und erkennt, dass wir uns dem Klang seiner Melodien hingeben. So stehen wir eine Weile und lauschen. Passanten gehen achtlos an ihm vorüber, als wäre er unsichtbar. Sie wirken auf mich wie die drei Affen: nichts hören, nichts sehen und bloß nicht etwas nettes sagen. Ich versuche diese Ignoranz nicht wahrzunehmen, aber in mir pocht doch ab und an die Frage im Kopf: „Warum?“

Warum laufen sie achtlos vorüber, ohne einen Blick, ein Lächeln oder gar ein dankbares Wort. Ich versuche meinem eigenen Lächeln ein wenig mehr Raum zu geben, damit der alte Mann an seinem Instrument wenigstens dieses mit nach Hause nehmen kann. Er spürt es und stimmt als nächstes ein leichtes beschwingtes Lied an und lächelt zurück. Wir lauschen noch einen Moment, schlendern an ihm vorüber und werfen ihm Kleingeld in sein leeres Glas. Sein dankbares Leuchten in den Augen ist neben der Musik das zweite Geschenk, welches er uns mit auf den Weg gibt.

Die Einkaufspassage liegt vor uns. Sie ist gut gefüllt, aber nicht so voll, als das man – mit ein klein wenig Mühe – nicht so laufen könnte, dass vorbeiziehende Passanten nicht berührt werden. Die Menschen jedoch schauen nicht. Sie sind absolut mit sich selbst und ihren Begleitern beschäftigt. Plappern wasserfallartig Wortschwalle in die Luft und achten nicht im Geringsten darauf wohin sie gehen. Natürlich werden wir angerempelt, egal wie sehr wir uns bemühen all dem aus dem Weg zu gehen. Ein Schubser von rechts, ein Schubser von links. Der Rucksack, der einen unsanft zur Seite stößt, wenn jemand sich von hinten vorbeischiebt. Die bösen Blicke, wenn sie dabei selbst auch nur ansatzweise ins Wanken kommen. Ich verstehe es nicht! Wirklich, kann es mir jemand erklären?

Nun gut! Wir betreten ein Geschäft und laute Musik schlägt uns entgegen. Vielleicht haben wir uns im Eingang geirrt und sind in einer Diskothek gelandet, die zufällig auch Klamotten verkauft? Im nächsten Geschäft das gleiche ohrenbetäubende Schauspiel, wie auch im nächsten und im nächsten und … so weiter.

Die Verständigung ist wahrhaft kompliziert. Es gilt gegen die Bässe der überall an den Decken platzierten Boxen anzukämpfen und geduldig zu bleiben, wenn sich immer wieder jemand unsanft zwischen uns hindurch schiebt. Nach einer Welt fällt mir auf, dass ich das Prinzip nicht erkannt habe. Man muss rufen. Man muss unbedingt rufen, von einer Kleiderstange im rechten Raum hinüber zur linken Seite. „Selinaaaa, schau mal. Das ist doch ein geiles Teil! Hä?“  Ach so funktioniert das. In meinem Kopf pocht es inzwischen unangenehm und ich beschließe bei meiner altbewährten, aber zugegebener Maßen komplizierten, Methode zu bleiben.

Wir betreten ein kleines Geschäft in dem Naturkosmetik verkauft wird. „Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas bestimmten?“ schellt es mir in einem unangenehmen schrillen Ton entgegen, den ich in dem Wust an Menschen erst gar nicht zuordnen kann. „Nein danke, wir kommen zurecht.“ entgegne ich höflich, aber anscheinend nicht klar genug. Die schrille Stimme rattert ungeachtet meiner Einwände ihren Psalm weiter herunter. Noch einmal entgegne ich höflich, dass ich mich nur einmal umsehen möchte und ernte zum Dank einen abwertenden Blick. Wir versuchen dieser aufdringlichen Person zu entkommen und spüren ihren prüfenden Blick und ihre hinterher tippelnden Schritte im Rücken. Nichts wie raus hier.

Ein paar Meter weiter werde ich von einem sehr jungen Mann, der noch reichlich grün hinter den Ohren ist, unverschämt von Kopf bis Fuss taxiert. Sein süffisantes Grinsen und die lüsternen Augen lassen mich einen Zahn zulegen. Weg hier. Die Blicke bleiben, mal hier, mal dort. Mal von jungen, mal von alten Augen. Ob nun mit eigener Frau an der Seite, die vor lauter Geplapper eh nichts bemerkt, oder nicht. Ich versuche es zu ignorieren, das Pochen in den Schläfen nimmt zu.

Plötzlich ergibt das gesamte Bild der Straße ein unheimliches Schauspiel wieder. Überall wasserstoffblondierte Frauen in den gleichen Hosen mit ihren rundlichen Kindern im Schlepptau, welche die triefenden Pommes halb auf den Asphalt fallen lassen, weil es schwierig ist in diesem Tempo zu essen. Angenervte Männer, die wohl oder übel die prall gefüllten Einkaufstaschen tragen und versuchen verständnisvoll zu lächeln, wenn die Frau bestimmten Schrittes das nächste Schnäppchen anvisiert. Herumlungernde Teenager, die nicht wissen was sie sonst mit einem freien Nachmittag anfangen sollen. Die armen Hunde, die von ihren Besitzern rücksichtslos am Halsband durch eine Masse an Beinen gezerrt werden und vermutlich die Welt nicht mehr verstehen. Eine Vielzahl an Stimmen, Geräuschen und Musik, welche klingen als würde ein Orchester seine Instrumente für die bald beginnende Aufführung stimmen. Jedes Geräusch mit sich selbst beschäftigt und disharmonisch in das Gesamtgebilde eingefügt.

Ich sehe keine einzige entspannte Person, ich treffe auf kein Lächeln und erkenne in keinem Gesicht eine tiefe Zufriedenheit mit dem eigenen Erleben, egal wie prall die Taschen mit neuester Ramschware aufgefüllt wurden.

Ich fühle mich wie ein zerbrechliches Wesen inmitten einer Horde Außerirdischer! Ich sehe, dass es meiner Frau auch nicht besser ergeht. Eine kurze Verständigung und der erleichternde Beschluss: Nichts wie weg!

 

Der Heimweg

Nun den Weg den wir gekommen waren, den mussten wir auch irgendwie wieder zurück. Die ganze Prozedur also noch einmal, Ellenbogen in der Seite inklusive.

Wir schaffen es zum Auto und atmen erst einmal tief durch. Das Schlimmste scheint überstanden.

Ich sammelte mich kurz, ließ den Motor an und wir machten uns auf den Weg.

Wir landen als erster Wagen an einer wirklich sehr unübersichtlichen Ampel an dessen rechter Seite uns ein sattes rot entgegenprangt. Ein kurzer Blick nach links, keine Ampel zu sehen. Ich bleibe stehen und werde schlagartig mit einem gewaltigen Hupkonzert zur Weiterfahrt aufgefordert. Ich bin verwirrt und schaue noch einmal auf die Ampel rot! Links keine Ampel zu sehen und bleibe stehen. Das Hupkonzerte aus einer beachtlichen Anzahl von Autos ist so eindringlich, dass mindestens ein Tornado auf dem Weg zu uns sein musste und nur meine Weiterfahrt könnte das Leben der hinter mir in ihren Autos festhängenden Menschen retten. Beeindruckend!

Ein Motorradfahrer fährt wild gestikulierend an mir vorbei und ermahnt mich äusserst eindringlich zur Weiterfahrt indem er entschlossen auf die linke Fahrbahnseite zeigt. Jetzt sehe ich sie: Eine kleine nach hinten versetzte Ampel, welche wirklich in einem unverwechselbarem Grün leuchtet. Na dann kann ich ja Gas geben und mal eben die Welt retten.

… oder mich?!


Meistens sind mein Artikel geplant, recherchiert und durchdacht. Dieser hier ist es nicht. Vielleicht fragt sich jemand: „Was will sie mir nur damit sagen?“ Nun – darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich habe einfach los getippt und meinen momentanen Empfindungen freien Lauf gelassen. 

Manchmal verstehe ich die Menschen einfach nicht, vielleicht geht es einigen von euch genauso? Oder kann mir jemand erklären, warum es so viel Rücksichtslosigkeit, Unzufriedenheit, Blindheit, Arroganz, Egoismus … auf dieser Welt gibt. Ist es eine Kettenreaktion, da es einem selbst ständig begegnet? Liegt es an der Schnelllebigkeit der Welt? 

Ist nicht in jedem Menschen die Sehnsucht nach einem friedvollen Miteinander angelegt? Helft mir auf die Sprünge: Was ist los mit den Menschen?

Herzlichst <3,

Alexa

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