Beschäftigst du dich mit den Riten der alten Germanen, so wirst du des Öfteren über den Begriff Blót stolpern. Dieser Begriff ist im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr üblich, wenngleich es möglich ist, dass er sich wieder etablieren wird. Das jedoch wissen nur allein die Götter.

Bei den Festen im Jahresrad fällt es auf, dass einige Feste mit dem blót enden. Freilich nur, wenn wir tiefer in die Materie einsteigen und voller Neugierde mehr erfahren wollen als allgemein üblich.

In der heutigen Zeit ist es völlig normal von acht Festen im Jahreskreis auszugehen. Wir feiern die Sonnenfeste, also die beiden Sonnenwenden im Sommer und Winter sowie die Tagundnachtgleichen im Frühjahr und im Herbst. Wir feiern die Mondfeste, welche zeitlich immer genau zwischen den Sonnenfesten liegen, also Imbolc, Belteine, Lughnasad und Samhain.

Zu glauben, dass alle acht Jahreskreisfeste germanischen Ursprungs sind wäre historisch unkorrekt. Hier findet im Gegenteil ein Synkretismus, eine Vermischung verschiedener Kulturelemente unterschiedlicher Herkunft statt. Natürlich ist es theoretisch möglich, dass auch die Germanen alle acht Jahreskreisfeste feierten, Quellen die das belegen finden sich jedoch keine.

Das uns heute bekannte Fest Imbolc wurde von den Kelten gefeiert, aber auch die Schweden kennen es. Bei ihnen wird das Fest dísablót genannt. Da haben wir dieses blót, doch dazu kommen wir gleich. Das nächste Mondkreisfest ist Belteine. Das kannten auch die Deutschen, aber erst recht spät. Hier wurde es unter dem Namen Walpurigsnacht bekannt. Der Name ist erstmals im 17. Jahrhundert erwähnt. Lughnasad kennen wir ebenfalls von den Kelten und wurde zudem in England zelebriert wo es den Namen hloafmæs, auch Lammas trägt was sich mit Brotlaib-Fest übersetzen lässt. Samhain ist ein rein keltisches Fest.

Ich persönlich praktiziere grundsätzlich den Synkretismus verschiedener Riten und habe kein Problem damit alle acht Jahreskreisfeste zu feiern und so halten es heutzutage wohl die Meisten an alten Bräuchen interessierten Menschen, wenngleich auch meist aus einer Fehlinformation heraus, dass alle Feste auch germanischen Ursprungs sind.

Belassen wir es jedoch bei diesem kleinen Exkurs und finden wir zurück zum Blót.

 

Das Blót

Ich habe bereits das disablót erwähnt, dabei handelt es sich also um Imbolc. Daneben sind noch weitere Feste bekannt, welche auf blót enden.

  • Várblót, auch Sigrblót = Ostara
  • Miðsumarsblót, auch Sumarblót = Sommersonnenwende
  • Haustblòt = Herbst-Tagundnachtgleiche
  • Vetrnóttablót = Samhain
  • Jólâblot, auch Þorrablót = Jul (nein Jul ist NICHT die Wintersonnenwende)

Nur was ist eigentlich dieses Blót und warum enden so viele Feste auf dieses Wort?

Oftmals steht geschrieben, dass das Blót ein altnordisches Opfer ist. Das ist nicht falsch, aber noch nicht die ganze Wahrheit. Nehmen wir es ganz genau, so ist das Blót ein Trankopfer.

Unsere Vorfahren lebten als Heiden. Nein sie selbst werden sich kaum als solche bezeichnet haben, das ist erst später durch das Christentum geschehen um eine Abgrenzung zu schaffen. Noch eine gewisse Zeit später, als das Christentum immer stärker die Menschen zu missionieren versuchte, wurde aus dem ursprünglichen ganz normalen Begriff eine abwertende Bezeichnung für primitive Andersgläubige. Diese Diffamierung hat sich hartnäckig gehalten und erfährt erst jetzt so ganz allmählich einen Wandel. Die Menschen wenden sich wieder dem Heidentum (auch Neuheidentum = Ásatrú) zu und nutzen diesen Begriff, wohl auch weil sie einfach keinen besseren haben.

Aber ich schweife wieder ab, worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist: Im Heidentum der alten Germanen gab es ein zentrales Herzstück um das sich alles dreht, die Rituale!

Was genau passiert, wenn wir feiern? Wir treffen uns mit Familie und / oder Freunden, setzen uns zusammen, essen und trinken. Und genau das taten auch die alten Germanen.

Im Monotheismus des Christentums ist es üblich an den Herrn, an den einzig wahren Gott zu glauben. In Gehorsam und Demut gilt es ihm zu folgen.

Im Heidentum wurde das Ganze völlig anders angegangen. Sie hatten ersteinmal nicht nur den EINEN Gott, sondern viele Götter. Die Liste ist lang und vielfältig. Die Götter wurde geehrt, aber es wurde ihnen NICHT gedient.  Die Menschen des Heidentums müssen nicht erlöst werden und auf das Paradies hoffen. Es ist für die Heiden klar, dass sie von den Göttern abstammen, also mit diesen verwandt sind. Die Verbindung zu den Göttern besteht also völlig automatisch allein durch die Geburt, einer gesonderten Taufe bedarf es nicht. Es bedarf keines Rituals um sich mit den Göttern zu verbinden, denn diese Verbindung bestand und besteht zu jeder Zeit.

Bei einer Feier der alten germanischen Heiden werden nicht die Götter gefeiert, es wird MIT IHNEN gefeiert. Das naturgegebene Band zu den Göttern wird gestärkt indem sie zum Feste eingeladen werden, wie auch die gesamte irdische Sippschaft zum Fest eingeladen wurde um die Bande zu stärken. Es ist eine ANGEHÖRIGKEIT (!) zu den Göttern, keine Abgrenzung oder Unterwerfung.

Blot Odin, Maler LundBlót leitet sich vom althochdeutschen bluostrar ab (auch blōzan, bluozan oder pluozan). Es geht auf ein protogermanisches Pronomen zurück, blōtą, dass soviel wie „Opfern, Verehren“ bedeutet

Snorri Sturlusons hat mit der Saga von Hákon dem Guten folgendes Blót in der Heimskringla beschrieben:

Es sollte ein voller Becher (full) um das Feuer getragen werden. Der Gastgeber sollte den Becher und das Opfermahl weihen. Der Odinsbecher (Óðins full) für Sieg und Macht sollte als Erstes geleert werden. Anschließend leerten sie den Njördbecher (Njarðar full) und den Freysbecher (Freys Full) für eine gute Ernte und Frieden.

So steht es geschrieben. Wie historisch genau Sturluson gearbeitet hat kann niemand sagen. Hoffen wir das Beste.

Es war durchaus auch üblich danach noch den sogenannten Gelöbnisbecher (bragafull) zu trinken, welcher ihren Ahnen gewidmet war.

In diesem Trinkritual wird ein Horn (Blóthorn) mit Bier oder Met gefüllt. Der Gastgeber weiht das Horn mit Thors Hammerzeichen (Mjölnir). Der danach ausgesprochenen Segensspruch wurde im althochdeutschen bluostrargaldar genannt. (nordisch: formáli oder formæli).

Der erste Schluck wird im Freien direkt auf die Erde gegossen um die Gottheit zu ehren. In geschlossenen Räumen gibt es ein Gefäß mit Erde in welchen das Getränk geschüttet wird. Danach trinkt der Gastgeber einen Schluck und gibt das Horn mit dem Lauf der Sonne, also im Uhrzeigersinn, weiter bis auch der Letzte getrunken hat. Im Normalfall wird das Ganze dreimal wiederholt, manchmal auch öfter.

Das Blót ist also, wenn wir es ganz genau nehmen nicht das Fest selbst, sondern das Trinkritual innerhalb der Feierlichkeit und das ist gewiss: Trinken spielte eine sehr große Rolle bei den alten Germanen!


Titelbild: Maler J. L. Lund (1777 – 1867), Darstellung eines Blót zu Ehren des Donnergottes Thor

Quellen:

Fritz Steinbock: DAS HEILIGE FEST. Edition Roter Drache, 4. bearbeitete Auflage 2014, S. 53f.

¹) selbiges Buch, S. 28